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Politik: Kultur der Arbeitsteilung

Wegen der Finanzkrise sollen Nato-Rüstungsprojekte künftig gemeinschaftlich vorangetrieben werden.

Nur das Ölland Norwegen ist ungeschoren davongekommen. Alle anderen der 28 Nato-Mitgliedstaaten haben in den zurückliegenden Krisenjahren ihre Verteidigungsbudgets zusammenstreichen müssen. Die 26 europäischen Nato-Staaten stellten zuletzt 1,6 Prozent ihrer Mittel fürs Militärische bereit, in den USA und Kanada indes lag der Wert bei 4,5 Prozent.

Die Nordamerikaner verlangen daher eine neue, eine andere Lastenverteilung. Die Antwort, die beim Treffen der Nato-Außen- und Verteidigungsminister am Mittwoch in Brüssel gegeben wurde, heißt „Smart Defense“. Das weniger gewordene Geld soll gemeinsam und geschickter ausgegeben werden. „In Anerkennung der finanziellen und politischen Realitäten ist es das Minimum“, gab sich unlängst schon Pentagon-Chef Leon Panetta ganz pragmatisch, „dass wir zusätzliche Einschnitte koordinieren, Überraschungen vermeiden und unsere knappen Mittel in die effektivsten Verteidigungsprogramme fließen lassen.“

So ist es nun vereinbart, auch wenn der formelle Beschluss erst beim Nato-Gipfel Mitte Mai in Chicago verkündet wird. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach am von einer „erneuerten Kultur der Kooperation“, da „wir trotz der finanziellen Einschränkungen stark genug bleiben müssen, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen“.

Vorgelegt wird dazu eine Liste mit 25 vorrangigen Rüstungsprojekten, die Gruppen von Mitgliedstaaten gemeinsam entwickeln und finanzieren werden, um sie der Nato als Ganzes zur Verfügung zu stellen. Insgesamt sind 180 Maßnahmen geplant, bei denen sich einige Nationen auf bestimmte militärische Fähigkeiten spezialisieren, während andere teils ganz darauf verzichten.

Manches davon ist nicht ganz neu. Die Luftüberwachung über den kleinen baltischen Staaten, für die sich die Anschaffung von Kampfjets kaum lohnt, übernehmen schon seit 2004 größere Partnerländer, zuletzt wieder deutsche Luftwaffenpiloten. Italienische Jets überwachen Slowenien. Neu ist, dass auch Island diese Militärleistung „fremdvergeben“ will.

Die Staaten der Europäischen Union, die unter dem Slogan „Pooling & Sharing“ ganz ähnliche Ideen verfolgen, haben beispielsweise bereits beschlossen, gemeinsam neue Tankflugzeuge anzuschaffen, nachdem die Europäer im Libyen-Einsatz stark von der US-Air-Force abhängig waren, um ihre Kampfjets in der Luft zu halten. Außerdem sollen Systeme entwickelt werden, die vor selbst gebastelten Bomben am Straßenrand warnen. Jeweils ein Land koordiniert die Bemühungen der jeweiligen Staatengruppe.

Die Bundesrepublik hat unter anderem angeboten, die Seeaufklärungsflugzeuge sowie die Ulmer Wilhelmsburgkaserne als multinationales Kommandozentrum für die Allianz zur Verfügung zu stellen.

Der auch finanziell größte Beitrag Deutschlands jedoch wird ein anderer sein. Nach mehr als zehnjährigem Streit über die Finanzierung hat sich das Bündnis jetzt darauf geeinigt, ein neues System zur Bodenüberwachung anzuschaffen – Militärs hatten während der Libyen-Operation mehrfach darüber geklagt, dass ihr Lagebild aus der Luft ungenau und mangelhaft sei. Nun schaffen 13 Nato-Staaten Abhilfe. Fünf unbemannte Flugzeuge von der Größe eines Jumbos bilden künftig die „Allied Ground Surveillance“. Aus einer Höhe von 20 Kilometern werden einzelne Personen und deren Bewegungen zu verfolgen sein. Von den Anschaffungskosten in Höhe von knapp vier Milliarden Euro übernehmen die USA 40 und Deutschland 33 Prozent, 1,2 Milliarden Euro. Der Haushaltsausschuss des Bundestages soll Anfang Mai seinen Segen geben, damit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Chicago dann Vollzug melden kann.

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