zum Hauptinhalt

Politik: "Kursk"-Unglück: "Das Wrack wird auf dem Meeresgrund begraben bleiben"

Die russische Regierung wird das Wrack der "Kursk" allen Beteuerungen zum Trotz nicht heben, sondern auf dem Grund der Barentssee verrotten lassen. Das ist die Prognose des russischen U-Boot-Experten und Umweltschützers Alexander Nikitin.

Die russische Regierung wird das Wrack der "Kursk" allen Beteuerungen zum Trotz nicht heben, sondern auf dem Grund der Barentssee verrotten lassen. Das ist die Prognose des russischen U-Boot-Experten und Umweltschützers Alexander Nikitin. Offiziell halten die Verantwortlichen in Moskau weiter an dem Plan fest, ab dem 18. Oktober mit einer ersten Tauchaktion die toten Seeleute aus dem Wrack zu bergen und im kommenden Jahr das gesamte U-Boot zu heben. Doch Nikitin, einst Inspektor für nukleare Sicherheit, hält das für wenig realistisch. "Erst wird man die Leichen bergen, um die Angehörigen zu beruhigen", sagte Nikitin in Berlin, "Und dann wird man erklären, dass von dem U-Boot keine weitere Gefahr ausgeht." Nach Einschätzung des U-Boot-Experten ist das Projekt der Regierung kaum machbar. Zum einen habe Russland nicht das Geld für eine doppelte Aktion. Zum anderen müssen für die Bergung der Leichen Löcher in den Rumpf des Atom-U-Bootes geschnitten werden. "Das würde den Korpus so destabilisieren, dass man ihn nicht mehr auf der Tiefe heben kann."

Der einstige U-Boot-Offizier Nikitin hatte 1995 der norwegischen Umweltorganisation Bellona Details über die atomare Verseuchung des Nordmeers geliefert. 1996 wurde er dafür wegen Hochverrats angeklagt und verbrachte vier Jahre im Gefängnis, bis er von einem Gericht freigesprochen wurde. Die Situation in der Nordmeerflotte nannte Nikitin weiterhin kritisch. "Allein in der Region Murmansk liegen 120 ausrangierte Atom-U-Boote. 72 von ihnen haben noch Nuklearmaterial an Bord, 30 sind so morsch, dass sie sich am Pier nicht mehr über das Wasseroberfläche halten können." Konsequenzen habe die Marine bislang nicht gezogen, so Nikitin, der in Berlin auch mit Vertretern des Außenministeriums über deutsche Hilfe bei der Entsorgung von Nuklear-Abfällen sprach.

Mit Besorgnis verwies der Ex-Offizier darauf, dass russische Umweltschützer weiterhin mit Verfolgung durch die Geheimdienste rechnen müssen: "Die offiziellen Stellen gehen davon aus, dass sich hinter Umweltschutzgruppen westliche Geheimdienste verbergen." An dieser Einstellung habe sich auch unter Putin nichts geändert.

Doris Heimann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false