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Politik: La Belle: Druck auf Regierung wächst

In der Affäre um das Libyen-Fernschreiben des deutschen Botschafters in Washington wächst der Druck auf die Bundesregierung. Die Richter im "La Belle"-Prozess kündigten am Donnerstag an, sie wollten Kanzlerberater Michael Steiner als Zeugen vernehmen.

Von Hans Monath

In der Affäre um das Libyen-Fernschreiben des deutschen Botschafters in Washington wächst der Druck auf die Bundesregierung. Die Richter im "La Belle"-Prozess kündigten am Donnerstag an, sie wollten Kanzlerberater Michael Steiner als Zeugen vernehmen. Falls notwendig, werde auch der deutsche Botschafter in Washington, Jürgen Chrobog, vernommen, sagte der Vorsitzende Richter Peter Marhofer am Donnerstag vor dem Berliner Landgericht. Nebenklage-Anwalt Andreas Schulz deutete an, dass noch weitere Dokumente zur Haltung der Bundesregierung gegenüber Libyen den Weg aus dem Amt gefunden haben.

Zum Thema Hintergrund: Der Anschlag auf die Diskothek "La Belle" Chronologie: Stationen der juristischen Aufarbeitung "Der Drahtbericht aus Washington ist vielleicht nicht das Letzte, was bekannt wird", sagte Schulz dem Tagesspiegel. Die Bundesregierung und das US-Außenministerium hatten Berichte dementiert, wonach Steiner am 31. März im Weißen Haus von dem Eingeständnis Muammar el Gaddafis berichtet hat, Libyen sei an Terrorakten beteiligt gewesen. Angeblich hatte Chrobog dies als Zeuge der Unterredung in einem Fernschreiben an das Auswärtige Amt mitgeteilt. Marhofer forderte am Donnerstag das Fernschreiben mit der Nummer 596 vom Auswärtigen Amt an. Schulz bekräftigte das Interesse, die seiner Meinung nach zu wenig nachdrückliche Haltung der deutschen Außenpolitik bei der Aufklärung des "La Belle"-Attentats zu ändern. Er sei zuversichtlich, dass sich die Bundesregierung nun "mehr Mühe" geben werde, Tripolis zu Entschädigungszahlungen zu veranlassen. "Man sollte nun pragmatisch mit diesen Fragen umgehen und sehen, wie Schaden für die deutsche und die libysche Außenpolitik begrenzt werden kann", sagte er.

Am Donnerstag hatte die "Frankfurter Allgemeine" weitere Einzelheiten aus dem Fernschreiben des Botschafters veröffentlicht. Danach äußerte sich US-Außenminister Colin Powell gegenüber den deutschen Regierungsvertretern abfällig über Jassir Arafat: Der Palästinenserpräsident habe den Kontakt zur Wirklichkeit verloren.

Schulz sprach von der Existenz ausführlicher interner Stellungnahmen der Bundesregierung zur Haltung Libyens gegenüber den Terrorakten der Vergangenheit. Es sei eine "interessante Frage", ob sich Kanzlerberater, Außenminister und Bundeskanzler dazu geäußert hätten, sagte er. Befragt, ob ihm solche Papiere vorlägen, sagte Schulz: "In meinen Händen ist nichts." Die Heranziehung weiterer Dokumente zu dem Fall sei aber beantragt. Der Anwalt bekräftigte das Interesse der Attentatsopfer an einem außergerichtlichen Vergleich mit dem libyschen Diktator, wie ihn die Regierungen Englands und Frankreichs für eigene Staatsbürger durchgesetzt hatten. Die deutsche Außenpolitik habe aber bislang die Position vertreten, dass sie sich erst nach einem rechtskräftigen Urteil für solche Entschädigungszahlungen einsetzen wolle. Solche Zahlungen könnten auch im Interesse Gaddafis sein, sagte der Anwalt.

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