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Politik: Labour-Chef im Clinch mit Gewerkschaft

Strittige Kandidatenkür: Miliband alarmiert Polizei.

London - Nie flogen zwischen einem Vorsitzenden der britischen Labour-Partei und einem Gewerkschaftsboss derart die Fetzen. Schon lange schwelt der Streit über den Einfluss der Gewerkschaft Unite bei der Auswahl der Parlamentskandidaten der Partei. Aber dass Labour- Chef Ed Miliband am Freitag sogar die Polizei einschalten musste, ist neu.

Die Labour-Partei wirft der Gewerkschaft und ihrem Boss Len McCluskey vor, dass im schottischen Wahlkreis Falkirk und bis zu hundert anderen Wahlkreisen Kandidaten platziert werden, die von Unite in Position gebracht werden. Die umstrittene Kandidatenauswahl wurde nach den Angaben der Labour-Partei dadurch möglich, dass die Gewerkschaft in den betreffenden Wahlkreisen Masseneintritte organisiert hatte. Neben Unite stand auch der Labour-Wahlkampfstratege Tom Watson im Mittelpunkt der Parteikritik. Er wurde von Miliband inzwischen aus seinem Amt komplimentiert.

Wochenlang hatte Parteichef Miliband zu den Vorwürfen geschwiegen, die angesichts der Machenschaften der Gewerkschaft Unite, McCluskeys und Watsons erhoben worden waren. Schließlich verdankt er seine Wahl als Parteichef dem Gewerkschaftsflügel. Aber nachdem Premierminister David Cameron am Mittwoch im Unterhaus Miliband lästerte, er lasse sich seine Politik von Unite diktieren, da war für den Labour-Chef das Maß voll. „McCluskey muss sich jetzt seiner Verantwortung stellen, statt die Machenschaften seiner politischen Maschinerie zu verteidigen“, warnte Miliband am Freitag. Der Labour-Partei übergab die Untersuchung über die mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten im Wahlkreis Falkirk der Polizei. McCuskey antwortete, der habe sein „Vertrauen in die Labour-Führung verloren“.

Milibands Vorstoß ist ziemlich wagemutig, weil die Labour-Partei fast ausschließlich von den Spenden der Gewerkschaft Unite abhängt. Seit Milibands Wahl an die Parteispitze gab Unite der Partei über elf Millionen Pfund an Spenden. Miliband ließ lange die Führungsstärke vermissen, die die Labour-Partei nach der verheerenden Wahlniederlage im Jahr 2010 braucht. Zwar hat die einstige Regierungspartei in Umfragen einen deutlichen Vorsprung. Miliband selbst aber schneidet in der Wählergunst schlecht ab.

Hinter dem Streit verbirgt sich die alte Konkurrenz zwischen den eher gemäßigten „Blairites“ und gewerkschaftsnahen „Brownites“ in der Labour-Partei. Watson, einer der engsten Verbündeten des ehemaligen Premierministers Gordon Brown, organisierte 2005 als dessen Handlanger den Labour-Putsch gegen Blair, der für die Partei zum Trauma wurde. Blairs Anhänger hatten in den letzten Monaten massive Kritik an Milibands Weigerung geäußert, sich zu Kürzungen im Sozialbereich zu verpflichten. Als Miliband nach langem Zögern diesen Schwenk vor einem Monat dann doch noch vollzog, verlor er die Unterstützung der Gewerkschafter. Matthias Thibaut

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