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Landesregierung in Hamburg: Ole von Beust fehlte die Lust auf ein Doppel

Scheitern die Hamburger Grünen an der Personifizierung in der Politik? Mit dem Wechsel von Ole von Beust zu Christoph Ahlhaus wird es einen Wechsel des Politikstils geben.

Baut man wahlstrategisch auf die Personifizierung in der Politik, muss man auch genau auf die Person des Frontmanns schauen. Sie in ihren typischen Wirkungs- und Handlungsmustern erkennen und verstehen. Ermöglicht doch erst dies eine Vorstellung davon, wie der zu erwartende Politikstil, der persönliche Habitus desjenigen sein wird, den man an der Wahlurne zum politischen Meister erheben will.

Die Grünen in Hamburg scheinen bei den Koalitionsverhandlungen mit Ole von Beust diese notwendige Hausaufgabe nicht gemacht zu haben. Denn wüssten sie um das, was von Beust im Innersten anzutreiben scheint, hätten sie nicht auf das Gelingen einer Koalition mit ihm gebaut. Politiker sind auch Menschen und handeln gerade in kritischen Zeiten eher nach ihren typischen Handlungsmustern als nach dem jeweiligen politischen Erfordernis und der entsprechenden Verantwortung.

Ole von Beusts Rücktritt vom Amt des Hamburger Oberbürgermeisters wird von vielen in einem Atemzug mit den Rücktritten von Koch und Köhler genannt. Beust würde, so skizzieren viele Medien, Fahnenflucht begehen. Er hätte keine Lust mehr auf das politische Tagewerk und er würde sich lieber braun gebrannt auf Sylt dem Vergnügen hingeben.

Dreimal in Folge brillierte Beust durch die Betonung seiner Person im Wahlkampf („Ich mache mir keine Sorge um meine Unverwechselbarkeit“). Schließlich beinahe kunstvoll, in schlichten und eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bildern plakatiert, so dass andere CDU-Wahlkämpfer später neidvoll dies zu kopieren bemüht waren. Er schien ein Meister der Personifizierung in der Politik zu sein. Die Hamburger wählten ihren Meister. Sie wählten aber einen einsamen Meister! Nur wenige verstanden ihn als Person und seine typischen Handlungsmuster. Letztendlich war er nicht fähig, einen inneren Zwiespalt zu lösen. Er schwankte  zwischen dem väterlichen Familienmotto „spiel dich nicht auf“ und „die Partei wie eine Ein-Mann-Show“ zu führen.

Beust trat 2001 an in einem Doppel und er trat 2010 ab aus einem Doppel. Nach der Senatswahl 2001 wurde er als „Gallionsfigur“ der Hamburger CDU gefeiert. Hatte Beust doch die CDU trotz eines schlechten Wahlergebnisses zusammen mit der Schill-Partei an die Macht geführt. 2010 wagte er sich als Wahlsieger erneut in ein Doppel diesmal, als Unionspionier, erstmalig auf Landesebene zusammen mit den Grünen.

Gastautor Ulrich Sollmann.

© Marc Steffen Unger

Ole von Beust ist aber kein Doppel-Spieler! Als bejubelte „Galionsfigur“ schien er eher aus der Perspektive seiner Handlungsmuster auf Tradition, Höflichkeit sowie Äußerlichkeiten und Ästhetik bedacht gewesen zu sein. Für viele verkörperte er den stilvollen Hanseaten. Die Hamburger wählten ihn gerade deswegen. Man verzieh ihm dann, dass er im Wahlkampf nicht so oft bei den Menschen auf dem Markt war sondern am Strand auf Sylt. Auch wenn manche Medien ihn mit „König von Hamburg“ bespöttelten.

Beust beeindruckte als einsame „Galionsfigur“; er steuerte aber nicht wie ein Kapitän sein politisches Schiff. Er war weder Kapitän noch Steuermann, musste er doch in schwierigen Zeiten im Doppel spielen, um politisch an die Macht zu kommen und an der Macht zu bleiben. Eine Macht, die er im tiefsten Innern aber nicht teilen konnte, nicht teilen wollte. („Wenn ich verliere, gehe ich“).

Von seinen Handlungsmustern her gesehen kann Ole von Beust, wenn es wirklich stressig wird (siehe Volksentscheid zur Schulreform), kein politisches Doppel spielen. Die Hamburger Grünen haben dies nicht wahrhaben wollen, wollten sie doch unbedingt an die Macht.

Am Wochenende stehen die Grünen wieder vor der Koalitionsfrage. Werden sie sich entscheiden, die Koalition mit der CDU fortzusetzen, müsste es daher heißen, sich für politische Gemeinsamkeiten aber auch für Stil und Habitus von Christoph Ahlhaus mit seinen typischen Handlungsmustern bewusst und verantwortungsvoll zu entscheiden.

Werden die Grünen zur möglichen Fortsetzung ihrer Macht sich für einen „Ahlhaus zum Anfassen“ entscheiden und sich dabei die Finger verbrennen? Ahlhaus wirkt tatkräftig. Ein CDU-Urgestein. Ein Politiker mit Profil, der sich nicht scheut, auch ungeliebte Rollen zu spielen. Und hierauf noch stolz ist. Ein Politiker, den die CDU jetzt braucht, um wieder als Partei erkennbar zu werden. Um als Partei überhaupt eine Perspektive bei der nächsten Senatswahl 2013 zu haben. Es bleibt die Frage, ob Ahlhaus ein Politiker ist, der Lust auf ein Doppel hat?

Zur Person

Ulrich Sollmann (www.sollmann-online.de) arbeitet als Berater und Coach in Wirtschaft, Politik und Industrie. Sollmann ist Begründer von charismakurve.de, einer Website, auf der Internetuser die Ausstrahlung von Spitzenkandidaten bewerten. Zudem publiziert er in verschiedenen Medien.

info@sollmann-online.de

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