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Landtagswahl: Unter der Regie der Linkspartei?

Thüringens SPD streitet, ob sie einem Linken ins Ministerpräsidentenamt verhelfen würde – am Sonntag steht eine Entscheidung an

Darf sich ein SPD-Politiker mit den Stimmen der Linkspartei zum Ministerpräsident wählen lassen? Für manche Sozialdemokraten stellt sich diese Frage so schon lange nicht mehr. Die Thüringer SPD zum Beispiel muss damit rechnen, bei der Landtagswahl im Sommer 2009 wieder nur drittstärkste Kraft zu werden. Die Genossen zwischen Nordhausen und Sonneberg streiten deshalb seit Wochen darüber, ob sie gegebenenfalls dem Frontmann der Linkspartei ins Amt verhelfen sollen. Eine Vorentscheidung fällt am Sonntag, wenn die Thüringer SPD per Urwahl ihren Spitzenkandidaten nominiert.

Christoph Matschie gegen Richard Dewes, der 46-jährige SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende gegen den 60-jährigen ehemaligen Parteichef und früheren Thüringer Innenminister. Seit Anfang Januar touren die ungleichen Bewerber nun durch die Kreisverbände. Es ist ein Kampf, den beide entlang einer veritablen Machtfrage führen: Muss die SPD schon jetzt ausschließen, einen linken Ministerpräsidenten mitzuwählen, wie Matschie meint? Oder sollte sie genau ein solche Vorfestlegung tunlichst vermeiden, wie Dewes fordert?

Donnerstagabend in Erfurt. Der SPD-Kreisverband hat mehr als 150 Mitglieder in einem Konferenzzentrum versammelt – viel für eine Partei, die im ganzen Land nur 4500 Mitglieder hat. An diesem Abend treten Matschie und Dewes zum 20. Mal vor der Basis zum Wortgefecht an. Ihr Wettbewerb verläuft nach festem Reglement. Jeder darf zu Anfang eine viertelstündige Ansprache halten, danach ist Fragestunde, dann steht beiden ein kurzes Schlusswort zu.

Matschie und Dewes tragen dunkle Anzüge und rote Krawatten, aber sonst haben sie wenig gemein. Matschie war einst ein stolzer Parteigänger des Reformkanzlers Gerhard Schröder, damals, als Reformfreude in der SPD noch kein Karrierehemmnis war. Dewes war einmal Minister im Saarland unter Oskar Lafontaine und ist stolz darauf, Schröders Reformen immer kritisiert zu haben.

Beide sprechen die Linksparteifrage zunächst nicht an. Der Jüngere verweist auf die breite Unterstützung, die er genieße und die für eine erfolgreiche Spitzenkandidatur notwendig sei. Der Ältere erinnert daran, dass er nie Anhänger der Hartz-Reformen gewesen sei. Dann geht es zur Sache. Wer ausschließt, mit der Linken notfalls auch als kleinerer Partner eine Koalition einzugehen, wird vom Wähler abgestraft – so lautet im Kern die Position von Dewes. „Die Wähler werden uns nicht wählen, wenn sie wissen, dass die Chance groß ist, dass wir der CDU den Machterhalt sichern“, sagt er. Man dürfe eineinhalb Jahre vor der Wahl keine Festlegungen treffen, die die SPD letztlich politikunfähig machten: „Das ist großer Unsinn.“

Wer einen Linken-Politiker zum Ministerpräsidenten wählt, schickt die SPD in eine „strategische Abseitsfalle“: So argumentiert Matschie. Dann nämlich würden sich in ganz Ostdeutschland die politischen Pole verschieben, werde die Auseinandersetzung in Zukunft zwischen der CDU und der Linkspartei stattfinden. Matschie erhält auch an dieser Stelle viel Zuspruch, während der Beifall für Dewes spärlich bleibt wie meist an diesem Abend. Wäre der Applaus in Erfurt maßgeblich für den Ausgang der Urwahl, Matschie würde mit Zwei-Drittel-Mehrheit zum Spitzenkandidat gekürt und die Thüringer SPD würde eine Juniorpartnerschaft mit der Linken ausschließen. Am Sonntagabend,18 Uhr, zeitgleich mit der ersten Prognose zur Hamburg-Wahl, soll ein Ergebnis vorliegen.

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