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Reiseverbot. Chinas Regierung erklärt Ai Weiwei zum Sicherheitsrisiko.

© dpa

Reiseverbot für Ai Weiwei: Lauter leere Stühle

Peking fürchtet den Nobel-Festakt. Selbst Ai Weiwei, Chinas bekanntester Künstler, hat Reiseverbot.

Er ist wohl Chinas bekanntester Künstler. Vor allem in Europa, aber auch in Asien, den USA und in Australien werden seine Werke gezeigt. Dafür bereist Ai Weiwei die Welt. Doch damit ist es zumindest vorerst vorbei. Der 53-Jährige wollte am Donnerstag eigenen Angaben zufolge von Peking aus nach Südkorea und dann weiter nach Deutschland, Dänemark und in die Ukraine reisen. Doch die chinesische Grenzpolizei stoppte ihn etwa 30 Minuten vor seinem Abflug. „Eine Polizistin zeigte mir eine Anweisung des Büros für öffentliche Sicherheit, wonach meine Ausreise aus China die nationale Sicherheit gefährden könnte“, erklärte Ai Weiwei. Dabei habe er gar nicht geplant, nach Norwegen zu reisen. Dennoch geht Ai davon aus, dass sein Reiseverbot mit der Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo zusammenhängt. Offenbar will die Regierung verhindern, dass Freunde und Mitstreiter Lius an der Preisverleihung am 10. Dezember in Oslo teilnehmen.

Denn Ai Weiweis Reiseverbot ist kein Einzelfall. Zahlreichen Aktivisten und Intellektuellen wurde in den vergangenen Wochen mit gleicher Begründung die Ausreise verweigert. Eine geplante Reise des angesehenen Ökonomen Mao Yushi zu einer Konferenz in Singapur endete ebenfalls Donnerstag am Pekinger Flughafen. „Ich habe noch nie Probleme gehabt, das Land zu verlassen“, sagte Mao dem US-Sender Radio Free Asia. Auch ihm wurde ohne weitere Erklärung der Behörden mitgeteilt, dass seine Ausreise die nationale Sicherheit gefährde, auch er vermutet einen Zusammenhang mit dem Friedensnobelpreis. Mao, der zu den Unterzeichnern der von Liu initiierten „Charta 08“ für mehr Demokratie gehört, sagte, das Vorgehen der Behörden habe ihn an die Kulturrevolution erinnert. „Sie sagten mir, ich sei ein gefährliches Element“, so Mao weiter.

Sun Wenguang, ein pensionierter Professor der Universität in Nanjing und langjähriger Aktivist, muss seine Reisepläne ebenfalls auf Eis legen. Sein Antrag auf einen Reisepass wurde zu Beginn der Woche abgelehnt. Zuvor hatte er öffentlich angekündigt, dass er die Preisverleihung in Oslo besuchen wolle. „Liu Xiaobos Frau hat mir eine Einladung geschickt. Deshalb habe ich entschieden teilzunehmen“, sagte Sun Wenguang. Vor etwa drei Wochen waren bereits der Anwalt des Nobelpreisträgers, Mo Shaoping, und der bekannte Jurist He Weifang am Flughafen daran gehindert worden, zu einer Tagung nach London zu fliegen.

Der diesjährige Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo war im Dezember 2009 wegen Untergrabung der Staatsgewalt zu elf Jahren Haft verurteilt worden und sitzt derzeit im Jinzhou-Gefängnis in der Provinz Liaoning. In der „Charta 08“ forderten Liu und seine Mitstreiter tiefgreifende politische Reformen. „Die Rückständigkeit des gegenwärtigen Systems ist an einem Punkt angekommen, an dem es ohne Reformen nicht mehr geht“, heißt es in dem Manifest, das bisher mehr als 10 000 Menschen unterschrieben haben. Liu hatte bereits wegen seines Engagements in der Demokratiebewegung von 1989 im Gefängnis gesessen. Nach der Bekanntgabe der Vergabe des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo im Oktober hatten die chinesischen Behörden dessen Frau unter Hausarrest gesetzt. Mit einigem Erfolg scheint China dafür zu sorgen, dass nicht nur die Stühle des Ehepaares in Oslo leer bleiben.

China hatte mit harter Kritik auf die Ehrung Liu Xiaobos mit dem Friedensnobelpreis reagiert. Chinas Führung bezeichnete Liu, der stets mit friedlichen Mitteln für Demokratie und Meinungsfreiheit eingetreten ist, als Kriminellen. Der Preis sei eine „krasse Einmischung“ in die chinesische Justiz. Anfang November hatte China Regierungen in aller Welt vor einer Teilnahme an der Verleihungszeremonie in Oslo gewarnt.

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