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Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Krankenhausflur.

© dpa/Marijan Murat

Update

Lauterbachs umstrittenes Großprojekt: Bundesrat macht Weg für Krankenhausreform frei

Die Länderkammer ließ das noch von der Ampel im Bundestag beschlossene Gesetz für eine Neuordnung der Kliniken passieren. Der Gesundheitsminister hatte vor einem Scheitern gewarnt.

Stand:

Der Bundesrat macht den Weg für die umstrittene Krankenhausreform frei. Die Länderkammer ließ das noch von der Ampel-Koalition beschlossene Gesetz für eine Neuordnung der Kliniken passieren. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte zuvor eindringlich vor einem Scheitern der Reform gewarnt, was beim Anrufen des Vermittlungsausschusses für die aktuelle rot-grüne Minderheitsregierung quasi unumgehbar gewesen wäre.

In der Sitzung der Länderkammer hatte es eine kontroverse Debatte gegeben. Lauterbach betonte, dass 50 Prozent der Häuser Defizite machten und 30 Prozent der Betten leer stünden. Das Gesetz hatte den Bundestag bereits passiert und soll nun Anfang 2025 Schritt für Schritt in Kraft treten. Bei der Abstimmung wurde das Votum Thüringens nicht mitgezählt, da das Land nicht einheitlich abstimmte, wie Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger feststellte.

Bayern wollte Vermittlungsausschuss für Klinikreform

Lauterbach appellierte kurz vor der Abstimmung an die Länder, das Gesetz passieren zu lassen. Es gehe um „die einmalige Chance, Zehntausenden Menschen pro Jahr eine bessere Versorgung zukommen zu lassen“. Bei möglichen Änderungen müsse man sich ehrlich machen: Dabei gehe es um den Kern der Reform. Wenn diese Änderungen vorgenommen würden, brauche man die Reform nicht mehr.

Kritiker, darunter Klinikverbände, hatten stets falsche Anreize und zu starre Vorgaben bemängelt. Die Länder befürchten Klinikschließungen insbesondere auf dem Land und hätten sich dringend weitere Nachbesserungen gewünscht.

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Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte: „Wir brauchen diese Reform, aber es gibt nach wie vor wenige Punkte, die unbedingt nachgebessert werden müssen.“ Sonst würde das Gesetz zu Verwerfungen in der Krankenhauslandschaft führen. Konkret gehe es um Änderungen bei Vorgaben zu Fachärzten, die in ländlichen Regionen derzeit einfach nicht erreichbar seien. Nötig sei „mehr Beinfreiheit“ für die Länder bei der Umsetzung.

Bayern hatte den Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses gestellt. Ressortchefin Judith Gerlach (CSU) sagte: „Unser Ziel ist es, zu dringend notwendigen Nachbesserungen zumindest in zentralen Punkten des Gesetzes zu kommen.“ Sie wies auch auf akute Finanznot bei vielen Kliniken hin. „Der Bund hätte längst ein Soforthilfeprogramm vorlegen müssen.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte, es dürfe nicht passieren, dass bestehende Versorgungsungleichheiten zwischen Ost und West verschärft werden. Für Baden-Württemberg monierte der Bevollmächtigte beim Bund, Rudi Hoogvliet (Grüne), man könne die Folgen der Reform weiterhin nicht seriös abschätzen. Mit einem Vermittlungsausschuss solle das Vorhaben weder verzögert noch verhindert werden.

Die Vorsitzende der Länder-Gesundheitsminister, Kerstin von der Decken (CDU) aus Schleswig-Holstein, sagte, dies biete wahrscheinlich die letzte Chance, grobe Fehler zu korrigieren.

In Brandenburg war am Freitag der politische Streit über die Reform eskaliert. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entließ Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) – kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit.

Regierungssprecher Florian Engels sagte der dpa, eine Krankenhauskonferenz am Mittwoch in der Staatskanzlei habe gezeigt, dass die große Mehrheit der Praktiker und der Kommunen klar und sehr fundiert für die Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat plädiert habe. Diese Position vertrete heute auch Ministerpräsident Woidke – anders als Gesundheitsministerin Nonnemacher.

Mit diesem „divergierenden Abstimmungsverhalten“ wären Brandenburgs Stimmen ungültig gewesen, sagte der Regierungssprecher zur Entscheidung Woidkes. (KNA, dpa)

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