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In Leipzig hatten sich bei der Legida-Demonstration etwa 10.000 Menschen versammelt.

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Update

Legida-Demonstration in Leipzig: Pegida distanziert sich von Leipziger Ableger

In Leipzig herrscht Ausnahmezustand wegen der Legida-Demonstration. Von den angepeilten 40.000 Teilnehmern ist die Anti-Islam-Bewegung aber noch weit entfernt. Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel kündigte unterdessen rechtliche Schritte gegen den Legida an.

Leipzig erlebte am Mittwochabend eine der größten Demonstrationen seit der friedlichen Revolution. Tausende Menschen protestierten in der Innenstadt gegen einen Aufzug des islamfeindlichen „Pegida“-Ablegers „Legida“. Dabei kam es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei, als Gegendemonstranten versuchten, die Zugänge zu der „Legida“-Kundgebung auf dem zentralen Leipziger Augustplatz zu versperren. Auch Sitzblockaden entlang der Demonstrationsstrecke wurden von der Polizei mit Gewalt unterbunden.

Feuerwerkskörper und Flaschen flogen, mehrere Beamte wurden nach Polizeiangaben verletzt.

Dem islamkritischen Legida-Bündnis ist es nicht gelungen, die erhofft große Teilnehmerzahl für eine Demonstration in Leipzig zu mobilisieren. Zur Auftaktkundgebung des Pegida-Ablegers auf dem zentralen Augustusplatz hatten sich nach Angaben von dpa-Reportern knapp 10.000 Menschen dort versammelt. „Die Zahl 40.000 können wir streichen“, sagte ein Polizist im Einsatz mit Blick auf die von Legida angemeldete Teilnehmerzahl. Die Anzahl der Gegendemonstranten lag deutlich darüber.

Viele Tausend Legida-Gegner blockierten den Zugang zum Platz. Anhänger der Islamkritiker wurden mit Trillerpfeifen und „Haut ab, haut ab“-Rufen empfangen und am Weiterkommen gehindert. Die Polizei, die mit 4000 Beamten aus ganz Deutschland im Einsatz war, sprach von einer gespannten Stimmung. „Zwischenfälle gab es bislang aber nicht“, sagte ein Sprecher. Viele Geschäfte im Stadtzentrum hatten wegen der Demonstration vorzeitig geschlossen.

Die Leipziger Innenstadt wurde schon am Nachmittag für den Autoverkehr gesperrt, auch Straßenbahnen und Busse fuhren nicht mehr durch das Zentrum. Die Polizei ließ den Strom in den Oberleitungen der Straßenbahnen abstellen. Über der Stadt kreisten Polizeihubschrauber. Zahlreiche Straßen und Zugänge in Richtung Innenstadt wurden abgeriegelt. Während des „Legida“-Aufzugs wurden an markanten Leipziger Gebäuden wie dem Gewandhaus, dem City-Hochhaus und der Oper die Beleuchtung ausgeschaltet. Der Leipziger Stadtrat unterbrach seine turnusmäßige Sitzung und schloss sich den Protesten an.

Brandanschläge auf Bahnstrecke

Nach Polizeiangaben wurden Einsatzkräfte entlang der Aufzugsstrecke beim Hauptbahnhof mit Flaschen und Feuerwerkskörper beworfen. In der Südvorstadt wurden zwei Müllcontainer in Brand gesteckt. Schon am Nachmittag hatte es zwei Brandanschlägen auf Kabelschächte entlang der Bahnstrecke Dresden-Leipzig gegeben. Im Leipziger Hauptbahnhof musste fast die Hälfte der Gleise gesperrt werden. Der Deutschen Bahn zufolge kam es im Nah- und Fernverkehr zu Verspätungen.

Unterdessen gibt es offensichtlich Differenzen zwischen Pegida und dem Leipziger Ableger. Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel kündigte am Mittwoch rechtliche Schritte gegen die Gruppe Legida an. Die Organisatoren hätten bis Mittwoch keine klare Erklärung abgegeben, „dass sie den Forderungskatalog von Pegida Dresden übernehmen“. „Alles, was heute Abend in Leipzig gesagt und gefordert wird, ist nicht mit uns abgesprochen. Das kann sich für die einheitliche Wahrnehmung unserer Bewegung als kontraproduktiv erweisen. Daher prüfen wir eine Unterlassungsklage“, so Oertel.

Verwaltungsgericht bestätigt Auflagen

Leipzig stand am Mittwoch wegen der Demonstration des Pegida-Ablegers und 19 Gegendemonstrationen und Mahnwachen vor einem der größten Polizeieinsätze seit der Wende. Die Stadt ging anfangs von insgesamt bis zu 100.000 Legida-Anhängern und Gegendemonstranten aus. Linke Antifa-Gruppen riefen zu Störaktionen gegen Legida auf und wollten die islamkritische Bewegung blockieren. Oberbürgermeiser Burkhard Jung (SPD) sprach von einem "Ausnahmezustand". Er appellierte an die Demonstranten, gewaltfrei und friedlich auf die Straße zu gehen.

Das Verwaltungsgericht Leipzig hat die Auflagen für die Legida-Demonstration am Mittwoch bestätigt. Die Islamkritiker dürfen damit nur auf der von der Stadt verfügten Route, die nur einen kleinen Teil des Innenstadtrings einschließt, aufmarschieren. Legida hatte ursprünglich über den kompletten Ring ziehen wollen. Angesichts von 19 Gegenveranstaltungen und insgesamt bis zu 100.000 erwarteten Demonstranten sei das nicht möglich, hatte das Leipziger Ordnungsamt entschieden. Das Verwaltungsgericht bestätigte diese Einschätzung und wies einen Eilantrag der Legida-Anmelder am Mittwoch ab. Diese könnten dagegen noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.

De Maizière lehnt Dialog mit Pegida-Organisatoren ab

In der Debatte über den Umgang mit Pegida sprachen sich führende Politiker gegen einen direkten Dialog mit den Organisatoren des Bündnisses aus, befürworten aber grundsätzlich Gespräche mit den Demonstranten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte klar, er habe "nicht die Absicht, mit den Organisatoren von Pegida zu reden". Die Politik müsse aber auf diejenigen Demonstranten zugehen, die das Gespräch suchten, sagte er in Berlin. Sachsens SPD-Chef Martin Dulig sagte im Deutschlandfunk: "Wir wollen den Dialog mit den Leuten, die da mitlaufen." Man dürfe Pegida aber nicht dadurch legitimieren, dass man sich mit den Organisatoren an einen Tisch setze.

Sigmar Gabriel fordert Pegida-Symphatisanten zu Umkehr auf

Angesichts der neuen Vorwürfe gegen Gründer Lutz Bachmann forderte SPD-Chef Sigmar Gabriel die Pegida-Symphatisanten zur Umkehr auf. Jetzt zeige sich, "was bei Pegida wirklich hinter der bürgerlichen Fassade steckt", sagte er der "Bild" (Donnerstagausgabe). Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte, Pegida müsse "klarmachen, ob sie weiterhin am rechten Rand schürfen" wolle oder klar stellen, "dass sie damit nichts zu tun haben will".
Für Mittwochabend haben die sächsische Staatsregierung und die Stadt Dresden erstmals zu einem Bürgerforum zu Pegida eingeladen, an dem auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) teilnehmen wollte. (AFP, dpa, epd)

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