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Libanon-Mission: Jung verwirrt mit "Kampfeinsatz"

Zunächst preschte er mit einem Bundeswehreinsatz nach vorne. Später sprach er gar von einem "Kampfeinsatz". Bundesverteidgungsminister Jung verwirrt mit seinen Aussagen Freund und Feind.

Berlin - Der Rüffel der Kanzlerin ist gut verpackt, doch deutlich: "'Robustes Mandat' ist glaube ich die richtige Beschreibung", sagte Angela Merkel auf die Frage, ob sie den geplanten Libanon-Einsatz der Bundeswehr auch als "Kampfeinsatz" beschreiben würde. Genau diesen Begriff mit dem dramatischen Klang hatte Verteidigungsminister Franz Josef Jung am Wochenende in einem Interview gebraucht. Deutlicher reagiert Vizekanzler Franz Müntefering: Natürlich würden die deutschen Soldaten das Recht erhalten, sich bei Angriffen zu wehren - "aber das ist etwas anderes als das, was man gemeinhin als 'Kampfauftrag' beschreibt".

Es war nicht das erste Interview, mit dem der 57-jährige Hesse bei Freund und Feind für Irritationen sorgt. So brachte Jung bereits sehr früh eine deutsche Beteiligung an einer internationalen Libanon-Mission ins Gespräch - noch bevor dazu internationale Anfragen vorlagen. Widersprüchliche Töne aus dem Regierungslager gab es zum möglichen Nahost-Einsatz des Versorgungsschiffs "Frankfurt am Main". Erst sollte das leicht bewaffnete Marineschiff zu seinem Schutz von einer Fregatte begleitet werden, dann war davon plötzlich nicht mehr die Rede. Auch sonst sprach Jung wiederholt recht konkret über mögliche Einsatzkräfte der Bundeswehr - ohne dass schon politische Entscheidungen vorlagen.

Nach Berlin geholt um Hessens Koch besser einzubinden

Kritiker werfen Jung vor, in Berlin immer noch nicht ganz angekommen zu sein. Bis Merkel den engen Vertrauten von Hessens Ministerpräsident Roland Koch im vergangenen Jahr ins Bundeskabinett holte, war Jung als CDU-Fraktionschef in der hessischen Landespolitik aktiv. Auf diese Weise wolle die Kanzlerin den einflussreichen Landesfürsten Koch und seinen Landesverband besser einbinden, hieß es damals. Noch fünf Jahre zuvor schien Jungs Karriere beendet: Im September 2000 war er über die hessische CDU-Finanzaffäre gestolpert und als Chef der Wiesbadener Staatskanzlei zurückgetreten.

Jung wurde am 5. März 1949 als Sohn eines Winzers in Erbach im hessischen Rheingau geboren. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Abitur absolvierte er seinen Wehrdienst. Eine geplante Offiziersausbildung scheiterte jedoch daran, dass Jung nach dem Tod seines Vaters auf dem elterlichen Hof gebraucht wurde. Er absolvierte ein Jurastudium in Mainz, wurde Rechtsanwalt und Notar. Parallel begann 1973 Jungs politische Karriere als Mitglied des Bundesvorstands der Jungen Union. 1983 wurde er in den hessischen Landtag gewählt, wo er bereits vier Jahre später zum Parlamentarischen Geschäftsführer aufrückte. 1999 übernahm er nach dem Wahlsieg Kochs die Leitung der Staatskanzlei.

Leichtes Ziel für politische Attacken

In Berlin stand Jung von Anfang an vor keiner leichten Aufgabe. Kaum im Amt wurde er von Innenminister Wolfgang Schäuble in eine heftige koalitionsinterne Debatte um Bundeswehreinsätze im Inland verwickelt. Noch nicht ausgestanden ist der Krach um seinen Entwurf für das neue Weißbuch der Bundeswehr. Neben den von der Vorgängerregierung geerbten Bundeswehr-Einsätzen auf dem Balkan und in Afghanistan stand zudem schon bald die Entscheidung über die Kongo-Mission ins Haus. Jung war wenig begeistert, gab aber wie die gesamte Bundesregierung letztlich dem Drängen Frankreichs und anderer internationaler Partner nach und stimmte der deutschen Beteiligung zu.

Gern kokettiert Jung mit seiner kurzen Zeit als Offiziersschüler - auch um den Gegensatz zu seinem ungedienten SPD-Vorgänger Peter Struck zu verdeutlichen. Bei Truppenbesuchen tut er sich jedoch manchmal erstaunlich schwer, einen ungezwungenen Zugang zu den Soldaten zu finden. Die Opposition meint in Jung einen der Minister im Merkel-Kabinett auszumachen, der ein leichtes Ziel für politische Attacken bietet. "Inkompetenz" warfen ihm jüngst in Zusammenhang mit dem Libanon-Einsatz die Grünen vor. FDP-Chef Guido Westerwelle nannte Jungs Amtsführung "ein Debakel". Der beharrliche Hesse lässt sich davon aber bislang nicht beirren. (tso/ddp)

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