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Politik: Machtwechsel in Mexiko: Nach 71 Jahren verliert die ewige Regierungspartei das Präsidentenamt an die Opposition

In Mexiko steht ein historischer Machtwechsel bevor: Nach 71 Regierungsjahren hat die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) erstmals eine Präsidentenwahl verloren. Der Kandidat der christdemokratischen Oppositionspartei PAN, Vicente Fox, schnitt mit mehr als 40 Prozent der Stimmen nach vorläufigen Ergebnissen etwa zehn Prozentpunkte besser ab als PRI-Bewerber Francisco Labastida.

In Mexiko steht ein historischer Machtwechsel bevor: Nach 71 Regierungsjahren hat die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) erstmals eine Präsidentenwahl verloren. Der Kandidat der christdemokratischen Oppositionspartei PAN, Vicente Fox, schnitt mit mehr als 40 Prozent der Stimmen nach vorläufigen Ergebnissen etwa zehn Prozentpunkte besser ab als PRI-Bewerber Francisco Labastida. Im ganzen Land feierten Millionen das Ende der PRI-Herrschaft.

Nach einem monatelangen Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Fox und Labastida in den Meinungsumfragen hatte in Mexiko-Stadt niemand mit einem so schnellen und eindeutigen Wahlergebnis gerechnet. Bereits eine Stunde nach der Schließung der letzten Wahllokale registrierten sämtliche Umfragen einen eindeutigen Vorsprung des ehemaligen Coca-Cola-Managers Fox. Während Zehntausende hupend und Fahnen schwingend durch die Hauptstadt fuhren, machte Präsident Ernesto Zedillo die Niederlage der eigenen Partei um 23 Uhr offiziell: Er habe, erklärte er in einer Fernsehansprache, Vicente Fox soeben zum Sieg gratuliert.

Mit dem klaren Triumph vom Sonntag ist nun der zweite aussichtsreiche Versuch einer Oppositionspartei geglückt, der am längsten regierenden Partei der Welt den Posten des Staats- und Regierungschefs streitig zu machen. Bei der Wahl von 1988 hätte Cuauhtemoc Cardenas von der linken Partei der Demokratischen Revolution (PRD) wahrscheinlich das Rennen gegen den Regierungskandidaten Carlos Salinas gemacht, wenn nicht auf Betreiben der PRI während der Stimmauszählung das Computersystem abgestürzt wäre. Cardenas bewarb sich am Sonntag zum dritten Mal für das Präsidentenamt und landete nach dem Stand vom Montag mit rund 16 Prozent der Stimmen erwartungsgemäß auf dem dritten Platz.

Während sich Fox, der am Wahltag 58 Jahre alt wurde, im Stadtzentrum von rund 12 000 Anhängern feiern ließ, herrschte in der PRI-Zentrale Katzenjammer. Labastida akzeptierte seine Niederlage und erklärte, die Partei werde die Ursachen für ihre Niederlage finden. Bei Wahlen im Bundesstaat Morelos verlor die PRI den Gouverneursposten an die PAN, die auch die Mehrheit in Senat und Abgeordnetenhaus gewann.

Dem Unternehmer Fox gelang es, die weit verbreitete Frustration über das Langzeitregime der "Priistas" auszunutzen. Nach dem Motto "der Zweck heiligt die Mittel" hatte er mit Erfolg auch im linken Spektrum um Stimmen geworben. Seine charismatische Ausstrahlung sowie die Beschwörung des Machtwechsels, die sich im Verlauf des Wahlkampfes zu einer Art Heilslehre entwickelte, kam vor allem beim "modernen Mexiko" gut an: Junge Städter, Angehörige des Mittelstandes und Unternehmer sehen in dem PAN-Politiker einen Garant für den Fortschritt; die PRI steht für Korruption.

Der künftige Staats- und Regierungschef, der Cowboystiefel und einen Gürtel mit einer silbernene "FOX"-Schnalle zu seinen Markenzeichen gemacht hat, ist erklärtermaßen kein Freund von Ideologien. Zu seinen Tugenden zählt er einen ausgeprägten Pragmatismus, den Kritiker allerdings als Opportunismus auslegen. Ihm wird außerdem ein Hang zu Selbstherrlichkeit und Despotismus vorgeworfen.

Fox lud in der Wahlnacht Politiker aller Parteien ein, in seiner "pluralistischen" Regierung mitzuarbeiten. Mexiko habe jetzt endlich das Einparteiensystem überwunden und sei im Zeitalter der Demokratie angekommen. Es wird erwartetet, dass der konservative Politiker die liberale Wirtschaftspolitik seines Vorgängers Ernesto Zedillo fortsetzen und sich stark um Investitionen aus Europa bemühen wird. Er hat versprochen, eine Steuerreform durchzuführen, hart gegen die Korruption in Regierung und Behörden vorzugehen und so bald wie möglich mit Führern des Zapatistischen Nationalen Befreiungsheeres (EZLN) in Chiapas über ein Ende des Konfliktes zwischen der Bundesregierung und den Rebellen zu verhandeln.

Die Wahlen vom Sonntag galten als die fairsten und saubersten in Mexiko in diesem Jahrhundert. Sie wurden erstmals von einer unabhängigen Wahlbehörde organisiert und überwacht.

Sigrun Rottmann

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