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Moderatorin Sandra Maischberger

© WDR/Thomas Kierok

„Maischberger“ zu Ukraine und Nahost: „Herr Stegner, das ist verschwörungstheoretische Sprache“

Militärmann gegen Friedensstifter: Bei „Maischberger“ streiten sich Carlo Masala und Ralf Stegner über den Umgang mit Russland. Eine Journalistin kritisiert Israel mit deutlichen Worten.

Stand:

Russland bombardiert unentwegt ukrainische Städte, im Nahen Osten spitzt sich die Lage zu.

Die Kriege in der Welt sind am Montagabend Thema bei Sandra Maischberger in der ARD.


Die Gäste

Es diskutieren der SPD-Politiker Ralf Stegner und der Militärexperte Carlo Masala, zusätzlich befragt Maischberger Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Als Kommentatoren vertreten sind der Journalist Werner Sonne, die Kriegsreporterin Sophia Maier und die „NZZ“-Journalistin Susanne Gaschke.


Militärexperte trifft auf Friedensstifter

Das perfekte Talkshow-Duo? Im TV-Studio begegnen sich an diesem Abend mit Stegner und Masala zwei Männer, deren Blick auf den Umgang mit Kriegen kaum unterschiedlicher sein könnte. Beide beanspruchen für sich, einen realistischeren Blick auf die Dinge zu haben als ihr Gegenüber. Damit ist für Reibung jedenfalls gesorgt.

„Man muss ja schon mal betrachten, wie die Welt ist“, setzt Stegner an. Deutschland finanziere den Wiederaufbau zerbombter Städte und gebe gleichzeitig Milliarden für Aufrüstung aus. Das halte er für einen „nicht besonders schlauen Umgang mit menschlichem Verstand“, sagt der Politiker.

Angesprochen auf das Friedensmanifest aus Teilen der SPD, das er selbst initiiert und unterzeichnet hat, beteuert Stegner, die SPD sei eben eine Friedenspartei. Auch Verteidigungsminister und Parteifreund Boris Pistorius, der den Unterzeichnern „Realitätsverweigerung“ vorgeworfen hatte, müsse das aushalten: „Wir sind nicht im Vatikan, wir dürfen miteinander diskutieren.“

Die SPD habe „nicht nur den Olivenzweig und die Friedenstaube“, sie sei auch die „Partei der Nachrüstung“, hält Masala Stegner entgegen. Dass im SPD-Manifest sinngemäß behauptet werde, in Deutschland hätten sich Vertreter einer „militärischen Konfrontationsstrategie“ durchgesetzt, gehe an der Realität vorbei: „Das ist verschwörungstheoretische Sprache, Herr Stegner.“


Aufrüstung und Ukraine

Besonders intensiv wird über den Umgang mit Russland gestritten. „Leute wie Sie und auch andere haben immer argumentiert, wenn wir nur genug Waffen liefern, wenn wir genug militärischen Druck ausüben, dann wird der Putin an den Verhandlungstisch kommen“, hält Stegner Masala vor. „Das funktioniert ja offenkundig nicht.“

„Keiner, der sich auskennt mit Kriegen, hat gesagt, das Ding wird militärisch gelöst“, sagt der Politikwissenschaftler. Stimmt das? Eine kritische Nachfrage der Moderatorin hätte nahegelegen. „Diplomatie läuft die ganze Zeit parallel“, belehrt Masala Stegner. „Sie scheitert in Moskau.“

Daraufhin zitiert Stegner Helmut Schmidt: Man solle besser 100 Stunden umsonst verhandeln, als eine Minute schießen. „Jetzt kommen Sie mit Helmut Schmidt“, regt sich Masala auf. Maischberger kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Masala sieht es so: „Man verhandelt vergeblich, und es wird die ganze Zeit geschossen.“


Stegner verteidigt seine Russland-Gespräche

Die Moderatorin spricht Stegner auf seine kürzlich bekannt gewordene Reise in Aserbaidschans Hauptstadt Baku an, bei der er sich mit hochrangigen russischen Vertretern getroffen hatte. Ob er sich benutzen lasse, möchte Maischberger von Stegner wissen.

„Wer nicht miteinander redet, der schießt. Solange geredet wird, hat man noch einen gewissen Einfluss“, verteidigt sich der SPD-Politiker. Man müsse sich auch mit denen auseinandersetzen, deren Haltung man nicht teile.

„Hilft da private Diplomatie?“, fragt Masala. „Von privat ist nicht die Rede“, antwortet Stegner. „Waren Sie im Auftrag da?“, hakt Masala nach. Stegner ärgert sich: „Sie sind nicht der Staatsanwalt, Herr Professor.“

Er sei nicht im Auftrag der Regierung in Baku gewesen, aber auch nicht privat, sondern als Abgeordneter, sagt Stegner. In einer ersten Reaktion auf die Medienberichte hatte er noch von einer privaten Reise gesprochen.


Der Nahe Osten kommt etwas zu kurz

Überraschend spät angesichts der aktuellen Situation wendet sich die Diskussion der Lage in Nahost zu. Stegner kritisiert Israel, mehrmals nennt er die Situation in Gaza eine „humanitäre Katastrophe“. Den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnet er als „Kriegspremier“, dessen Regierung davon lebe, dass der Krieg fortgeführt werde.

Masala betont zwar, kein Völkerrechtler zu sein, gibt dann aber doch ein klares Urteil zum Angriff Israels auf Iran ab: „Es ist noch nicht einmal eine Grauzone, also es ist wirklich außerhalb des Völkerrechts.“ Israel sei es jedoch mit den Angriffen gelungen, das Mullah-Regime „in seiner Existenzfähigkeit zu bedrohen“, so der Militärexperte. „Die haben alle Angst, dass sie das nicht überleben.“


Meinungsvielfalt bei den Kommentatoren

Die journalistischen Kommentatoren decken ein breites Meinungsspektrum ab, besonders im Falle Israels. Journalistin Sophia Maier verurteilt dessen Angriffe auf Iran deutlich. „Ich bin in einer Welt groß geworden, in der mir gesagt wurde, Völkerrecht und internationales Recht ist unverhandelbar“, sagt sie.

Der Beschuss Irans sei davon jedoch nicht gedeckt. „Es handelt sich hier um eine Fortführung eines konstanten Völkerrechtsbruchs durch die israelische Regierung.“ „NZZ“-Journalistin Susanne Gaschke sieht das anders: „Ich weiß nicht, ob wir als Deutsche sagen sollten, Israel soll sich mal lieber ans Völkerrecht halten, bis es vernichtet wird.“


Bildungsministerin Prien hat es leicht

In ihrer neuen Rolle als Bildungs- und Familienministerin ist Karin Prien (CDU) das erste Mal bei Maischberger zu Gast. Vielleicht gewährt ihr die Moderatorin deshalb eine weitgehend harmlose Befragung.

Prien bekommt reichlich Gelegenheit, über die Essbilder von CSU-Chef Markus Söder und ihre eigene jüdische Familiengeschichte zu sprechen, das letztere Thema sehr ernsthaft.

Wenigstens ein bisschen politisch wird es trotzdem. Warum in der Regierungsspitze so wenige Frauen vertreten sind, möchte Maischberger von Prien wissen. Wirklich konkret antwortet sie nicht. In Sachen Migration bekennt die Politikerin aus dem liberalen Flügel der CDU, dass es auch „Grenzen der Integrationsfähigkeit einer Gesellschaft“ gebe.

„Wenn Sie sich Länder anschauen, die sehr homogene Bevölkerungen haben, dann muss man schon sagen, ist es deutlich einfacher“, sagt sie.

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