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Menschenrechte: Blutiger Frieden im Kongo

Im Osten des Kongo haben Regierung und Rebellen sich geeinigt – doch es wird weiter gemordet und vergewaltigt.

Berlin - Es gibt viele Rebellen in der Demokratischen Republik Kongo – und immer wieder Friedensschlüsse. Zuletzt einigten sich die Rebellen vom Nationalkongress zur Volksverteidigung (CNDP) mit der Regierung auf ein Abkommen, das die Kämpfe im Osten des Landes beenden sollte. Die Rebellen werden nun in die Armee integriert, in der Hoffnung, dass die Menschen im Kriegsgebiet, der Provinz Nord-Kivu, endlich Frieden finden.

Doch von einer Normalisierung der Lage kann nicht die Rede sein, wie Juliane Kippenberg von Human Rights Watch berichtet. Die Kinderrechtsexpertin ist Anfang April aus dem Kongo zurückgekehrt. „Die Menschenrechtslage ist absolut dramatisch“, sagt sie. Trotz des Friedensabkommens gehe die Gewalt weiter, der besonders Frauen und Mädchen schutzlos ausgeliefert seien. „Die Bevölkerung in Nord-Kivu ist weiter massiven Übergriffen ausgesetzt.“ Der Grund: Die Rebellen würden ohne jede Ausbildung in die Armee aufgenommen und machten vielfach einfach weiter wie bisher.

„Wo im Kongo Männer mit Waffen sind, gibt es Vergewaltigungen, Tötungen und Plünderungen“, sagt Kippenberg. Sie habe mit vielen traumatisierten Frauen gesprochen, die weiter in Angst lebten. „Ein 16-jähriges Mädchen erzählte mir, wie ihre Eltern vor gut eineinhalb Jahren vor ihren Augen erschossen wurden. Sie selbst und ihre kleine Schwester wurden von Rebellen verschleppt und misshandelt.“ Die junge Frau sei nach drei Monaten freigekommen und habe heute ein Kind von einem ihrer Vergewaltiger. Von ihrer Schwester fehle jede Spur.

Die Moral kongolesischer Soldaten dürfte sich in absehbarer Zeit kaum bessern, denn mit der Integration von Rebellengruppen sind auch deren Kommandeure in die Armee aufgenommen worden. Einer von ihnen ist der Chef der früheren Rebellengruppe „Mudundu 40“, Jean- Pierre Biyoyo. Er wurde von einem kongolesischen Gericht wegen schwerer Kriegsverbrechen verurteilt, brach jedoch 2006 aus dem Gefängnis aus. Als Mitglied der regulären Armee bereitet er nun eine kongolesisch-ruandische Offensive gegen Hutu-Rebellen (FDLR) in Süd-Kivu vor. „Damit wird sich auch die Gewalt gegen Zivilisten nach Süd-Kivu verlagern“, vermutet Kippenberg. Die UN-Truppe im Kongo, die Monuc, sei zu schwach, um dies verhindern zu können. Die Menschrechtsexpertin sieht neben der EU auch Deutschland in der Pflicht, sich für eine Verstärkung der UN-Verbände einzusetzen.

Nach Informationen von Human Rights Watch erwägt die Regierung in Kinshasa, auch den früheren CNDP-Chef Bosco Ntaganda in die Armee einzubinden – obwohl er vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) gesucht wird. Ntaganda wird vorgeworfen, Kindersoldaten rekrutiert zu haben und für Massaker an Zivilisten verantwortlich zu sein. Sein Vorgänger an der Spitze der CNDP, Laurent Nkunda, der ebenfalls in Den Haag angeklagt ist, wurde in Ruanda festgenommen, Ntaganda hingegen kann sich im Kongo offenbar frei bewegen.

„Die Bundesregierung sollte von Kinshasa verlangen, dass Ntaganda und andere Kriegsverbrecher verhaftet werden“, fordert Kippenberg. Doch Berlin zeigt wenig Neigung, bei Präsident Joseph Kabila zu intervenieren. Das Auswärtige Amt verwies auf Nachfrage auf einen Schriftwechsel mit der Grünen-Abgeordneten Kerstin Müller, die im März um Auskunft gebeten hatte, was die Regierung im Fall Ntaganda zu tun gedenke. Der Staatssekretär im Außenamt, Reinhard Silberberg, antwortete am 2. April mit dem Hinweis, die EU habe alle Beteiligten am Kongokonflikt aufgefordert, mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu kooperieren. Laut einer Sprecherin liegen dem Amt zudem keine Informationen darüber vor, ob Ntaganda tatsächlich einen hohen Rang in der Armee bekleiden wird.

Eine weitere Forderung von Human Rights Watch: Deutschland soll helfen, eine außerordentliche Strafkammer für Kriegsverbrechen im Kongo aufzubauen, um die allgemeine Straflosigkeit zu beenden. Das Entwicklungsministerium erklärte dazu, für die Unterstützung der Justiz im Kongo sei die EU zuständig.

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