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Politik: Merkel: Jeder kämpft für sich allein

Stimmungsumschwung nach Wahl in NiedersachsenRösler bleibt FDP-Chef,Brüderle wird SpitzenkandidatRot-Grün will Mehrheitim Bundesrat nutzenMcAllister lässtseine politische Zukunft offen.

Berlin - Der Sieg von Rot-Grün über Schwarz-Gelb bei der Niedersachsen- Wahl hat einen Stimmungsumschwung in den Berliner Parteizentralen im Hinblick auf die Bundestagswahl im September ausgelöst. Es gebe eine Riesenchance, mit den Grünen einen Richtungswechsel einzuleiten, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Montag. „Die Bundestagswahl ist offen, wir werden kämpfen.“ Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte: „Der Wechsel ist möglich.“

Die Opposition im Bundestag sieht sich zudem durch die neue Mehrheit im Bundesrat gestärkt. Die von SPD und Grünen alleine oder gemeinsam regierten Länder kommen zusammen mit dem rot-roten Brandenburg auf eine Mehrheit von 36 der 69 Stimmen in der Länderkammer. Die Linke bot ihre Zusammenarbeit an.

Der niedersächsische Wahlgewinner und vermutlich nächste Ministerpräsident, SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil, bedankte sich ungeachtet des Umfragetiefs für Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bei der Bundes-SPD und ausdrücklich auch bei Steinbrück für die im Wahlkampf geleistete Unterstützung. Weil kündigte an, die von ihm mit den Grünen geplante rot-grüne Landesregierung werde auch auf Bundesebene aktiv werden. Konkret plane er Vorstöße gegen die Umsetzung des Betreuungsgeldes, für einen gesetzlichen Mindestlohn sowie für mehr Steuergerechtigkeit.

Bei den Liberalen setzte sich FDP-Parteichef Philipp Rösler im internen Machtkampf gegen den Fraktionschef im Bundestag Rainer Brüderle durch. Nach einer Vorstandssitzung teilte Rösler mit, dass er Parteivorsitzender bleibe, Brüderle solle die Liberalen als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf führen. Zuvor hatte Rösler dem 67-jährigen Fraktionschef den Parteivorsitz angeboten. Nach einem Vier-Augen-Gespräch wurde dann die Einigung verkündet. Diese Tandemlösung soll auf einem vorgezogenen Bundesparteitag Anfang März beschlossen werden.

Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel kündigte nach der Niederlage ihrer Partei ein schärfere Abgrenzung von ihrem Koalitionspartner FDP an. Es sei eine der Lehren aus der Niedersachsen-Wahl, dass niemand fürchten müsse, dass die FDP von der Bildfläche verschwinde. „Deshalb wird es ein Bundestagswahlkampf sein, in dem jeder für sich kämpft.“ Mit Blick auf die neue Mehrheit von SPD, Grünen und Linkspartei im Bundesrat sagte Merkel: „Wer Mehrheiten hat, muss mit der Mehrheit auch verantwortungsvoll umgehen.“ CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München: „Die FDP muss sich schon auch bemühen, dass ihre Programmatik wieder Substanz bekommt.“

Der noch bis zum 19. Februar amtierende Ministerpräsident und Wahlverlierer David McAllister (CDU) ließ offen, ob er die Opposition im niedersächsischen Landtag führen oder gegebenenfalls nach Berlin wechseln will. Merkel sagte, dass seine Karriere keinesfalls vorbei sei: „David McAllister gehört zu den fähigsten, besten Köpfen der CDU.“

Die Linke, die mehr als die Hälfte ihrer Wähler verlor, nominierte am Montag ein achtköpfiges Wahlkampfteam um Fraktionschef Gregor Gysi für die Bundestagswahl. Mit dabei sind auch Gysis Stellvertreter Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Der Chef der Piratenpartei, Bernd Schlömer, rief seine Partei nach ihrem Scheitern in Niedersachsen auf, sich „stärker realpolitischen Dingen zuzuwenden“. mit AFP/rtr

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