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Politik: Merkel wartet auf Rot-Grün

Die Fraktionschefin verschiebt die Vergabe weiterer Posten

Von Robert Birnbaum

Es kann viele Gründe geben, einen Termin zu verschieben. Wenn es aber ein Wahltermin ist, müssen die Gründe schon etwas ernster sein. Ursprünglich sollte die Unionsfraktion am kommenden Mittwoch ihre stellvertretenden Vorsitzenden und die Sprecher der Arbeitsgruppen wählen. Doch die neue Fraktionschefin Angela Merkel hat sich jetzt für einen späteren Zeitpunkt entschieden: Für den 21. Oktober, einen Montag, sind die Wahlen jetzt angesetzt.

Dahinter stecken ein sachlicher und ein personalpolitischer Grund. Auf den sachlichen haben CDU und CSU keinen Einfluss: Solange sich SPD und Grüne nicht endgültig auf den Zuschnitt ihres Kabinetts geeinigt haben, ist auch offen, welche Ausschüsse es im Bundestag geben wird. Im Großen und Ganzen folgt die Legislative da nämlich der Exekutive spiegelbildlich nach. Somit ist heute schon klar, dass es keine zwei Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit mehr geben wird, sondern analog zu Wolfgang Clements „Super-Ministerium“ nur noch einen für Wirtschaft und Arbeit. Entsprechend braucht die Union auch nur noch eine Arbeitsgruppe – und die nur noch einen Vorsitzenden. Die Personalwahl macht das nicht einfacher, waren doch bisher auch in den Parteien die Interessenvertreter von „Wirtschaft“ und „Sozialem“ getrennt organisiert.

Damit ist man dicht am zweiten, dem personalpolitischen, Grund für die Vertagung. Im Kern ist Merkels Personalpaket für die Vize-Vorsitzendenposten geschnürt. Merkel denkt auch nicht daran, die bisherigen Zuständigkeiten der Vizes für Sachgebiete zu verändern. Doch gibt es nach wie vor bei einigen der Personalien Grummeln und Kritik in der Fraktion. Sie macht sich vor allem daran fest, dass der frühere Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) zum parlamentarischen Gegenspieler von „Superminister“ Clement werden soll. Wissmann sei als wirtschaftspolitischer Sprecher der Union seit Jahren so gut wie nie in Erscheinung getreten, bemängeln Kritiker. Außerdem beklagen sich Vertreter des Arbeitnehmerflügels, Wissmann sei zu sehr Wirtschafts- und zu wenig Sozialpolitiker. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die CDU/CSU in der öffentlichen Wahrnehmung in eine allzu wirtschaftsliberale Ecke gerate, wohin sie SPD und Grüne ohnehin zu drängen versuchten.

Eines freilich räumen auch die Kritiker ein: Eine brauchbare Alternative zu Wissmann ist bisher noch keinem eingefallen. Gut möglich also, dass sich an dem Personalpaket am Ende doch nichts mehr verändert.

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