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Merkels Ukraine-Besuch: Bitte nicht zu freundlich

Angela Merkels Ziel in der Ukraine erinnert an die Quadratur des Kreises. Wenn die Kanzlerin am Montag zum Staatsbesuch aufbricht, will sie die Ukraine an Europa binden, zugleich aber auf Distanz halten.

Merkel muss sich auf selbstbewusste Gesprächspartner einstellen, die den Wert der Ukraine für den Westen kennen. Präsident Viktor Juschtschenko ließ bereits anklingen, das Hauptthema des Besuches werde der Nato-Beitritt seines Landes sein. Erst im April hatte Kiew bitter vermerkt, dass beim Nato-Gipfel in Bukarest Berlin und Paris die Unterzeichnung eines Aktionsplanes zur Heranführung des Landes an das Bündnis (Map) blockierten.

Kiew wirft Berlin vor, vor Russland einzuknicken. Für den Kreml gehören frühere sowjetische Bruderstaaten immer noch zum eigenen politischen Einflussbereich. Nach einer möglichen Nato-Erweiterung, so die Drohung, würden die Spannungen an Russlands Westgrenze dramatisch zunehmen. Heute betrage die Flugzeit einer Nato-Maschine bis Moskau eine Stunde, hieß es jüngst in Moskau, nach dem Beitritt der Ukraine reduziere sich dies auf 25 Minuten. Der Bedrohung könne man nur begegnen, indem man Raketen in Richtung Ukraine richte. Jedoch lehnt Umfragen zufolge auch über die Hälfte der Ukrainer vor allem im prorussischen Osten einen baldigen Beitritt ab. Dort droht man für den Fall des Nato-Beitritts mit der Abspaltung von Kiew.

Zweites Thema der Merkel- Reise ist die Zuverlässigkeit der Gaslieferungen durch die Ukraine. 80 Prozent der Lieferungen für Deutschland laufen durch das Land. Die Ukraine ist bei der Erdgasversorgung von Moskau abhängig, erst im Februar gab es heftigen Krach zwischen beiden Ländern über den Gaspreis. 2005 setzte der russische Konzern Gasprom die Lieferungen sogar zeitweise aus, was in Deutschland zu spüren war. Präsident Juschtschenko dürfte alle Probleme als Schuld Russlands darstellen. Jedoch liegt es auch an ihm und Premierministerin Julia Timoschenko, dass es keine Lösung des Transitproblems gibt.

Die zwei Protagonisten der Orangenen Revolution verbindet heute eine tiefe Abneigung. Jüngst teilte die Regierungschefin dem Staatsoberhaupt offiziell mit, seine Gaspolitik mit Russland abzulehnen. Sie will transparentere Gespräche ohne Zwischenhändler und direkt mit Russland über Preis und Liefermengen reden. Juschtschenko ist da überraschend passiv. Nun häufen sich die Berichte, er sei selbst in zwielichtige Machenschaften bei der Abwicklung von Gasgeschäften verwickelt, was Juschtschenko zurückweist: Timoschenko arbeite an seiner Demontage, weil sie 2009 selbst Präsidentin werden möchte. Knut Krohn

Knut Krohn

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