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Politik: Merz: Sozialhilfe notfalls streichen

Wer Beschäftigung ablehnt, soll kein Geld mehr bekommen / Grüne dagegen / SPD streitet weiter über Reformen

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Berlin. Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz (CDU) fordert harte Einschnitte bei den Sozialleistungen. „Es geht nicht um Prozentpunkte, sondern um einen Systemwechsel“, sagte Merz dem Kölner Wirtschaftsmagazin „Capital“ in einem Interview. Wer eine zumutbare Beschäftigung oder gemeinnützige Tätigkeit verweigere, könne künftig nicht mehr auf die Großzügigkeit der Sozialkassen vertrauen, betonte Merz und fügte hinzu: „Im Extremfall muss die Sozialhilfe ganz verweigert werden können.“ Als entscheidenden Reformschritt wertet Merz die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe.

Von Martin Gehlen

und Hans Monath

Die Grünen kritisierten die Forderung des CDU-Politikers. „Die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten reichen völlig aus", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem Tagesspiegel. „Die rot-grüne Koalition plant nicht, das zu verschärfen." Die Union dagegen hatte schon in der vergangenen Legislaturperiode im Bundestag einen entsprechenden Antrag eingebracht. Danach soll jeder, der „aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht für die eigene Daseinssicherung sorgen will, seinen Anspruch auf solidarischen Beistand der Allgemeinheit“ verlieren.

Eine Streichung erlaubt das bisherige Sozialhilferecht nicht. Die Sanktionen wurden 1996 jedoch durch die Regierung Kohl verschärft. Seitdem muss die Sozialhilfe für Arbeitsverweigerer in einer erster Stufe um mindestens 25 Prozent gekürzt werden. Die Hilfe soll dann, so heißt es in dem Gesetzestext, „auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche eingeschränkt werden“. Damit ist die Summe gemeint, die bei der Berechnung der Sozialhilfesätze für Essen und Kleidung angesetzt wird. Vor 1996 hatte eine solche Kürzung um 25 Prozent im Ermessen des einzelnen Sachbearbeiters im Sozialamt gelegen und war praktisch nie ausgesprochen worden. Forderungen nach einer Totalkürzung der Sozialhilfe hat es nach 1996 öfters gegeben, auch aus den Reihen der SPD. Die Kommunen haben diese Vorschläge stets skeptisch bewertet. Sie schätzen, dass sich unter den knapp drei Millionen Sozialhilfeempfängern etwa 900 000 arbeitsfähige Bürger befinden. Von denen würden momentan etwa die Hälfte in Einfachjobs beschäftigt.

Derweil bleibt die SPD auch nach dem klaren Votum des Parteivorstands für die Agenda 2010 in der Reformpolitik gespalten. Vertreter des linken Flügels übten am Dienstag scharfe Kritik an der Strategie von Bundeskanzler Gerhard Schröder, das Reformprogramm mit seinem politischen Schicksal zu verknüpfen. Der konservative Flügel der SPD-Fraktion dagegen forderte eine Ausweitung der Agenda 2010. Das Reformprogramm sei nur ein erster Schritt zur Bewältigung der wirtschaftlich und finanziell dramatischen Lage in Deutschland, heißt es in einem Eckpunktepapier.

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