Politik: „Mich nervt die Propaganda“ GEORG SCHRAMM (57)
Die Alterung der Gesellschaft begleitet mich schon seit meiner Kindheit, wenn auch zunächst nur in kommerzieller Hinsicht. In unserem Haus lebten fast nur alte Leute, für die ich Einkäufe erledigte und so mein Taschengeld aufbesserte.
Die Alterung der Gesellschaft begleitet mich schon seit meiner Kindheit, wenn auch zunächst nur in kommerzieller Hinsicht. In unserem Haus lebten fast nur alte Leute, für die ich Einkäufe erledigte und so mein Taschengeld aufbesserte.
Wirklich bewegt haben mich die Erfahrungen während meiner Arbeit als Psychologe in einer Reha-Klinik. Damals wurde mir klar, wie wenig die Alten sich noch auf ihre Familien stützen können. Die verbreitete Kinderlosigkeit verschlimmert das Problem jetzt noch.
Ich verstehe gut, dass meine Tochter ihren Kinderwunsch hintanstellt, wenn trotz hoher Qualifikation nur Praktika und Zeitjobs angeboten werden, die bestenfalls ein Leben von der Hand in den Mund ermöglichen. Meine andere Tochter hört, dass sie ihre Facharztausbildung vergessen kann, wenn sie sich um Kinder kümmern möchte. Und so geht es vielen. Darum nervt mich die Propaganda fürs Kinderkriegen und die private Altersvorsorge. Für einen Großteil der jungen Generation ist das blanker Hohn. Einerseits sollen sie total flexibel sein und sich mit unsicheren Jobs und Mini-Einkommen begnügen. Aber gleichzeitig sollen sie Kinder erziehen und fürs Alter sparen. Kein Wunder, dass die Jungen sich betrogen fühlen.
Der eigentliche Skandal ist, dass die Politik der wachsenden Spaltung in Arm und Reich tatenlos zusieht. Weil eine Mehrheit gar keine private Vorsorge betreiben kann, sind die Versprechen von der Gesellschaft der rüstigen Alten bloßes Geschwätz. Die Altengesellschaft wird in viele Arme und wenige Begüterte zerfallen. Schuld daran ist auch die Versicherungs-Lobby, die eine faire Rentenreform verhindert, um das Spargeld in ihre Kassen zu lenken. Wenn auf alle Einkommen Beiträge erhoben würden statt nur auf die Löhne, dann könnte auch bei wachsender Rentnerzahl Altersarmut verhindert werden, allerdings ohne Spitzenrenten.
BERUF
Kabarettist
LEBT IM
Markgräfler Land
FAMILIE
Ein Bruder, 66 Jahre alt, verheiratet, zwei Töchter, 26 und 29 Jahre alt,
keine Enkel
RENTENEINTRITT
Versicherungs-
mathematisch 2015
ALTERSVORSORGE
Gesetzliche Rente,
Betriebsrente
und
Pensionskasse
freier Mitarbeiter
der Rundfunkanstalten
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