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Politik: „Militante Islamisten verlieren an Zuspruch“ Asien-Experte Wagner zu den Anschlägen in Indien

Nach einigen Tagen Zurückhaltung hat Indiens Premier Singh Pakistan indirekt für die Anschläge, bei denen am Samstag 59 Menschen starben, mitverantwortlich gemacht. Was bedeutet das?

Nach einigen Tagen Zurückhaltung hat Indiens Premier Singh Pakistan indirekt für die Anschläge, bei denen am Samstag 59 Menschen starben, mitverantwortlich gemacht. Was bedeutet das?

Innenpolitischer Druck dürfte dazu geführt haben, dass sich Indiens Regierung kritischer gibt, denn gerade nach den Hilfszusagen für die Erdbebenopfer in Pakistan ist die indische Öffentlichkeit über die Attentate entsetzt. Da der UNSicherheitsrat und fast alle großen Staaten die Anschläge verurteilt haben, spürt Indien außerdem internationalen Rückenwind, Islamabad zu drängen, stärker gegen islamistische Gruppen vorzugehen.

Pakistans Präsident Musharraf hat Hilfe beim Kampf gegen die Terroristen angeboten. Wie viel ist das Angebot wert?

Pakistan fordert zuerst konkrete Beweise, was vergleichsweise schwierig sein dürfte. Ich würde es trotzdem begrüßen, wenn die Inder auf das Angebot eingingen, da man so Islamabad mehr in die Pflicht nehmen könnte, gegen militante Gruppen in Kaschmir vorzugehen.

Wie groß ist denn Islamabads Einfluss auf die Islamisten überhaupt?

Pakistan hat 2004 in einem Abkommen mit Indien betont, keine terroristischen Aktionen zu unterstützen. Trotzdem sickern islamistische Gruppen aus dem pakistanischen Teil Kaschmirs immer wieder in den indischen Teil ein und verüben Anschläge. Inwieweit Islamabad sie kontrollieren kann, ist unklar. Ganz sicher hat die Regierung aber nicht mehr die Kontrolle wie in den 90ern, als die Unterstützung solcher Gruppen in deren Kampf gegen indische Sicherheitskräfte ein Aspekt der pakistanischen Außenpolitik war.

Auf was für eine Resonanz stoßen die Anschläge in Pakistan?

Dort hat ein Umdenken stattgefunden, weil selbst Kaschmiris sich zunehmend von der Gewalt distanzieren. Jedoch gibt es im pakistanischen wie im indischen Teil Kaschmirs neben moderaten auch radikale Fraktionen. Während die Moderaten im indischen Teil den Dialog mit Delhi und eine politische Lösung der Kaschmirfrage suchen, setzen die Radikalen weiter auf Militanz und Anschläge. Aber der Zuspruch für sie nimmt ab, da die Phase der Gewalt keine Lösung gebracht hat.

Militante Islamisten sehen also ihre Felle davonschwimmen?

Das ist sicher ein Punkt, zumal Musharraf deutlich gemacht hat, dass auch er eine politische Lösung des Kaschmirkonflikts anstrebt. Jetzt versuchen die Extremisten wohl zu zeigen, dass noch mit ihnen zu rechnen ist.

Geht es diesen Menschen nur um Kaschmir oder um mehr?

Da werden unterschiedliche Ziele verfolgt. Manche Gruppen kämpfen gegen die indische Besatzung Kaschmirs, manche für den Anschluss an Pakistan, manche auch für eine Ausbreitung des Islam über den indischen Subkontinent. Einige der Gruppen hatten zumindest früher Kontakt mit dem Al-Qaida-Netzwerk.

Am Montag wurde ein Mitglied der Islamistengruppe Lashkar-e-Toiba in Indien zum Tode verurteilt. Hängen die Anschläge mit dem Prozess zusammen?

Ich vermute, die Attentate haben mehr mit der Annäherung an Pakistan zu tun. Es sieht derzeit aber nicht so aus, als würde diese jetzt gestoppt. Eher bieten die Folgen des schweren Erdbebens und anlaufende Hilfsmaßnahmen neue Möglichkeiten, die Annäherung voranzutreiben.

Das Gespräch führte Ruth Ciesinger.

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