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Politik: Milliarden fehlen - Eichel spart trotzdem

Finanzminister Eichel (SPD) geht trotz der Steuerausfälle nicht davon aus, dass er weitere Kredite aufnehmen muss. Genau werde er dies "am Anfang des Jahres sehen", sagte Eichel.

Finanzminister Eichel (SPD) geht trotz der Steuerausfälle nicht davon aus, dass er weitere Kredite aufnehmen muss. Genau werde er dies "am Anfang des Jahres sehen", sagte Eichel. Die Finanzexperten der Koalition haben hingegen ein Abweichen vom Konsolidierungskurs ausgeschlossen. Die Lücken im Haushalt 2002 könnten durch Rückflüsse aus Brüssel und Privatisierungserlöse gedeckt werden, sagte der grüne Haushaltexperte Metzger. Bund, Länder und Gemeinden müssen laut Steuerschätzung mit 32 Milliarden Mark weniger Steuern in diesem und im nächsten Jahr auskommen.

"Zusätzliche Sparanstrengungen wären ein Fehler", sagte Eichel nach dem Bekanntwerden der Steuerschätzung. Er zeigte sich aber optimistisch die "wegbrechenden Einnahmen" im kommenden Jahr aufzufangen und auch den kurz vor der Verabschiedung stehenden Haushaltsentwurf 2002 solide gegen zu finanzieren. Neben den knapp fünf Milliarden Mark, die von der EU-Kommission nach Berlin zurückfließen, den Tilgungen Russlands und Mehreinnahmen durch die Münztauschaktion "Schlafmünzen" will Eichel Aktien der Telekom und der Post bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau parken. Das Finanzministerium rechnet mit bis zu 4,6 Milliarden Mark Einnahmen aus dieser Zwischenlösung.

Unbeirrt von den am Freitag bekanntgewordenen Zahlen hält Eichel an seiner "unveränderten Zielsetzung" fest, 2006 einen "ausgeglichenen Haushalt" vorzulegen. Schließlich würden die kommenden Schritte der Steuerreform die Wirtschaft und die Bürger weiter entlasten und so Impulse für die Konjunktur und den Konsum bringen. Das habe auch die seit Januar geltende Steuerreform bewiesen, wie selbst der Internationale Währungsfonds anerkennend feststellt. Ein Vorziehen der Steuerreform lehnte Eichel erneut ab.

Die Gründe für die sinkenden Steuereinnahmen sieht Eichel ausschließlich im Ausland. Die hohen Ölpreise, die eingebrochene US-Konjunktur und die durch die Tierseuchen gestiegenen Lebensmittelpreise hätten das deutsche Wirtschaftswachstum geschwächt und damit die Steuerquellen verstopft. "An der Kreditaufnahme gibt es kein Wackeln", stellte der grüne Haushaltsexperte Oswald Metzger fest. Damit sei er sich mit den Haushaltsexperten der SPD einig, sagte Metzger dem Tagesspiegel. Die Koalitionsfraktionen stünden hinter Eichel, dessen Konsolidierungspolitik zum "Markenzeichen" der Regierung geworden sei.

Als einen "wirtschafts- und finanzpolitischen Offenbarungseid der Bundesregierung" hingegen bezeichnete Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) die Steuerschätzung. Unionsfraktionschef Friedrich Merz ist gleicher Meinung. Er sieht die sozialen Sicherungssysteme und die öffentlichen Haushalte in der Krise, da die Regierung keine Reformen vornehme. Konkrete Vorschläge für eine Reform präsentierten weder Merz noch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle, der eine Bekämpfung der Arbeitslosigkeit forderte. Die finanzpolitische Sprecherin der PDS, Barbara Höll, kritisierte, Eichel halte seinen Sparkurs nur dank "kreativer Buchführung" und massiver Privatisierungen von Bundeseigentum. Der Minister müsse 2002 eine höhere Neuverschuldung in Kauf nehmen.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun, kritisierte im Tagesspiegel: "Die Regierung hat sich zu sehr auf das Soziale konzentriert." Rot-Grün müsse ihre Unterstützung im sozialen Sektor begrenzen und die Mittel in Investitionen stecken. Nur so könnten neue Arbeitsplätze geschaffen und die öffentlichen Haushalte entlastet werden. Braun sagte, dass Eichel den Konsolidierungskurs fortsetzen solle. "Das ist für die Glaubwürdigkeit seiner Person wichtig."

Ulrike Fokken

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