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Politik: Milliarden-Krise der Bahn: Politiker fordern Kassensturz

Schonungslose Offenheit über die Bilanzen der Staatstochter Bahn AG haben am Wochenende Politiker von SPD, Grünen und FDP gefordert. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn müsse "einen Kassensturz ohne Wenn und Aber" machen, forderte SPD-Fraktionschef Peter Struck.

Schonungslose Offenheit über die Bilanzen der Staatstochter Bahn AG haben am Wochenende Politiker von SPD, Grünen und FDP gefordert. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn müsse "einen Kassensturz ohne Wenn und Aber" machen, forderte SPD-Fraktionschef Peter Struck. Der FDP-Politiker Jürgen Koppelin möchte die "schonungslose Bilanz" der Bahn mit den Haushaltspolitikern des Bundestages beraten. Fritz Kuhn, Parteichef der Grünen, mahnte, dass das "Schönrechnen und Verschweigen" ein Ende haben müsse. Die Appelle der Politiker wurden durch die jüngsten Zahlen über weitere Milliardenverluste bei der Bahn ausgelöst.

Zwischen 800 Millionen und 1,2 Milliarden Mark Verlust wird die Bahn ab 2001 jährlich einfahren, heißt es im Verkehrsbericht von Verkehrsminister Reinhard Klimmt. Am Mittwoch will er den Bericht im Kabinett vorstellen. Daraus geht hervor, dass die Bahnreform von 1994 gescheitert ist. So bleibe die Bahn ein Subventionsfall. Ein Ende der Verluste sei erst ab 2005 in Sicht, zitiert der "Spiegel" aus dem Bericht. Bis dahin liegt die Bahn AG 17 Milliarden Mark unter den veranschlagten Zahlen.

Verkehrsminister Klimmt bezeichnete die Ergebnisse der Bahnprüfung am Wochenende als "Katastrophe". Neu sind sie jedoch nicht. Bereits Ende Februar hatte Bahn-Chef Hartmut Mehdorn im Haushaltsausschuss des Bundestages die Ergebnisse einer Betriebsanalyse mitgeteilt. Ohne Veränderungen im Unternehmen und in der Bahnpolitik drohten der Bahn rund 13 Milliarden Mark Verlust und 20 Milliarden Mark Schulden.

Einen Tag nach dem Bundeskabinett wird sich an diesem Donnerstag die Bund-Länder Arbeitsgemeinschaft Bahnpolitik treffen. Die Verkehrsexperten wollen über den noch unter Verschluss gehaltenen Entwurf zu einem neuen Eisenbahngesetz und über die Konsequenzen aus dem Verkehrsbericht beraten. Zwischen Bund und Ländern droht Streit, da Klimmt die Forderungen der Länder nach einer eigenständigen Schienennetz-Gesellschaft und einer Regulierungsbehörde für die Preise nicht in das Gesetz aufgenommen hat, sagt ein Kenner des Entwurfs. Eine selbständige Netz AG ist aber nach Meinung von unabhängigen Verkehrswissenschaftlern eine grundlegende Voraussetzung für die erfolgreiche Sanierung der Bahn.

Die Gründe für den desolaten Zustand der Bahn sieht ein Bahnexperte in der "Konzeptionslosigkeit" und "mangelnden kaufmännischen Fähigkeiten" bei Mitarbeitern des Unternehmens. So räche sich jetzt, dass die Bahn seit ihrer Privatisierung nur auf Großkunden und den image-trächtigen ICE gesetzt habe.

Ulrike Fokken

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