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Politik: Mit einer Klappe

Die CSU macht einen Vorschlag zur Rentenpolitik, der ihrer Idee des Betreuungsgelds helfen soll.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Die CSU hat am Montag die Rentendebatte um einen eigenen Vorschlag bereichert, an dem vor allem eines bemerkenswert ist: Er wird keinerlei Streit mit der CDU auslösen. Das ist nicht selbstverständlich. Die Christsozialen im Allgemeinen und ihr Chef Horst Seehofer im Besonderen halten sich gerne einmal etwas darauf zugute, dass „das Soziale“ bei ihnen höher im Kurs stehe als bei der Schwesterpartei. Das CSU-Modell jedoch, das ein Parteitag in zwei Wochen beschließen soll, dient erkennbar eher einem anderen Zweck: Es taugt nahezu perfekt als Flankenschutz für ein anderes CSU-Lieblingsprojekt, das Betreuungsgeld.

Um diesen Zusammenhang zu verstehen, muss man sich daran erinnern, dass eine Gruppe von Frauen und Sozialpolitikern in der Union seit längerem Front gegen das Betreuungsgeld macht. Um den innerparteilichen Frieden und die Zustimmung im Bundestag zu dem CSU-Lieblingsprojekt zu sichern, hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) den Dissidenten versprochen, sich für ein anderes Dauerprojekt dieser Kritikergruppe starkzumachen. Es geht dabei um eine Ungereimtheit im Rentensystem. Frauen, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben, bekommen anders als die jüngeren Mütter keine drei Jahre als Kindererziehungszeit in der Rente angerechnet.

Genau dieser Gruppe will die CSU jetzt die Gleichstellung gewähren. Zugleich sollen Angehörige, die einen Verwandten daheim pflegen, ebenfalls in den Genuss einer Rentenaufbesserung kommen. Die CSU, sagt Parteichef Seehofer, verstehe Lebensleistung nicht nur ökonomisch; auch Kindererziehung und die Pflege von Alten und Kranken sei Dienst an der Gesellschaft.

„Wir positionieren uns heute mit unseren Überzeugungen“, sagt Seehofer – erklärt sich freilich im gleichen Atemzug verhandlungsbereit mit CDU wie FDP. Die Union, sagt der CSU-Chef voraus, werde sicher zusammenfinden, und überhaupt seien die Koalitionsparteien „in vernünftigen Gesprächen“.

Bei der Schwesterpartei CDU sehen sie das ähnlich. „Es ist völlig legitim, dass die CSU als eigenständige Partei hier eigene Vorschläge entwickelt“, gibt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe generös in Berlin zu Protokoll, spricht von einem „wichtigen Beitrag“ und macht überdies darauf aufmerksam, dass das Thema Kindererziehungszeiten ja auch in der CDU bereits diskutiert werde. Man werde die Ideen jetzt „bündeln“, erst in der Union und dann mit dem Partner FDP.

Auf einen Zeitrahmen wollen sich die Beteiligten aber sicherheitshalber noch nicht so richtig festlegen. Seehofer erwartet eine Einigung „in den nächsten Wochen“. Kauder hatte eine Lösung vor dem CDU-Parteitag Anfang Dezember als wünschenswert eingestuft.

Allerdings geht es dem Fraktionschef um ein Problem, das weit über die Anerkennung von Kinderpflegezeiten hinausreicht. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte unlängst vor massenhaft drohender Altersarmut gewarnt und ihre „Zuschussrente“ als Lösung angeboten. Der Alarmruf ebenso wie der Lösungsvorschlag hatte ihr in der Unionsspitze erheblichen Unmut eingetragen, allerdings auch zu der Einschätzung geführt, dass man das Problem, einmal aufgeworfen, noch rechtzeitig vor dem Wahlkampf im nächsten Jahr lösen müsse.

Inzwischen liegt ein Gegenmodell zu Leyens Plan einer Aufstockung von Kleinrenten auf 850 Euro aus der Jungen Gruppe der Union und von jungen Sozialpolitikern der FDP vor. Sie wollen, dass Rentner bis zu 100 Euro aus privater Rentenvorsorge behalten dürfen. Das CSU- Modell steht dazu nicht im Widerspruch, höchstens in finanzieller Konkurrenz: Seehofer veranschlagt Kosten von sieben Milliarden Euro. Robert Birnbaum

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