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Politik: Mit vorgehaltener Waffe

Von Charles A. Landsmann, Andrea Nüsse und Hans Monath Burckhard Blanke ist der Schreck im Telefongespräch noch anzumerken.

Von Charles A. Landsmann,

Andrea Nüsse und Hans Monath

Burckhard Blanke ist der Schreck im Telefongespräch noch anzumerken. Am Pfingstmontag klingelten vier schwer bewaffnete israelische Polizisten in Zivil an der Tür seiner Privatwohnung im Jerusalemer Stadtteil Abu Thor. Der richterliche Durchsuchungsbefehl, der dem Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Jerusalem gezeigt wurde, sprach nach Angaben Blankes von dem Verdacht, in der Wohnung befände sich „Kartenmaterial, das zur Vorbereitung terroristischer Aktivitäten“ dienen könne. „Ungeheure Vorwürfe“ nennt Blanke dies im Gespräch und weist sie als absolut haltlos zurück. Laut Polizei ging es hingegen um den Verdacht antisemitischer Äußerungen, „die zu rassistischen Akten hätten auffordern können".

Die Polizisten beschlagnahmten private Briefe in deutscher Sprache, Ausschnitte aus der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ sowie eine Karte der Westbank und der israelischen Siedlungen, die Blanke nach eigenen Angaben von der Website einer palästinensischen Nichtregierungsorganisation aus dem Internet heruntergeladen hatte. Am Abend folgte Blanke einer Vorladung und wurde zwei Stunden lang verhört. Sein Anwalt wurde zu dem Verhör nicht zugelassen. Dabei wurde Blanke befragt, welche Palästinenser er wann und wie getroffen habe, sagt Blanke, der Israel und die Palästinensergebiete betreut. Mit angeblichen antisemitischen Äußerungen sei er jedoch nicht konfrontiert worden. Weder das Wort „Rassismus“ noch „Antisemitismus“ sei ausgesprochen worden.

Die israelische Polizei betrachtet den Fall inzwischen „als erledigt". Eine Sprecherin bezeichnete das Vorgehen gegen Blanke zudem als „natürlichen Vorgang auf Grund erhaltener Informationen". Wie bei ähnlichen Ereignissen verweigert die Polizei jede Auskunft über die Quelle ihrer Informationen. Den Verdacht, dass diese aus Deutschland stammen und im Zusammenhang mit der Debatte über antiisraelische Tendenzen in der FDP stehen oder gar etwas mit dem bevorstehenden Israel-Besuch des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle zu tun haben könnten, wies die Sprecherin hingegen entschieden zurück. Aktionen wie gegen Blanke sind zwar gesetzeskonform, sie werden aber von Menschenrechtsorganisationen kritisiert.

Blanke hält es auch für möglich, dass sich die Durchsuchung gegen die Arbeit aller ausländischen Organisationen richtet, die Kontakte zu Palästinensern haben. In der letzten Zeit hatten Vertreter ausländischer Organisationen verschiedentlich den Verdacht geäußert, Israel wolle ihre Zusammenarbeit mit Palästinensern behindern.

In Berlin nahm das Geschäftsführende Vorstandsmitglied der Naumann-Stiftung, Rolf Berndt, zu dem Vorfall Stellung. Berndt sagte dem Tagesspiegel, die Arbeit der Stiftung für einen Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern werde durch ein solches Vorgehen „gefährdet und zerstört". Die Naumann-Stiftung, die als einzige deutsche Stiftung in den palästinensischen Gebieten tätig sei, wolle ihr Programm fortsetzen.

Berndt hält einen Zusammenhang zwischen dem Vorgehen der israelischen Behörden und den Antisemitismus-Vorwürfen gegen FDP-Parteivize Jürgen Möllemann sowie der Reise von Parteichef Guido Westerwelle für möglich. Er hielte dies für bedauerlich, sagte Berndt. Der FDP-Chef selbst schloss dagegen am Mittwoch eine Verbindung zwischen seiner bevorstehenden Reise in den Nahen Osten und der Durchsuchung bei Naumann-Mitarbeiter Blanke aus. Auch ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, es gebe keinerlei Hinweise auf eine solche Verbindung. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hatte bereits am Montag mit seinem israelischen Kollegen Schimon Peres über den Fall gesprochen.

Berndt lobte am Mittwoch den diplomatischen Einsatz des Auswärtigen Amtes. Nach Darstellung der Friedrich-Naumann-Stiftung hat das israelische Außenministerium inzwischen mitgeteilt, der Fall sei abgeschlossen und die Stiftung könne in Israel weiterarbeiten. Berndt sagte dem Tagesspiegel außerdem, beim Vorgehen des israelischen Militärs in den palästinensischen Gebieten seien die Büros von Partnerorganisationen der Naumann-Stiftung in Nablus und Ramallah zerstört worden.

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