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Politik: Mörder von Srebrenica filmten Tat

In Belgrad sind sie nun verurteilt worden

Belgrad - Wegen der Teilnahme an dem Massaker von Srebrenica hat das serbische Gericht für Kriegsverbrechen am Dienstag vier ehemalige Mitglieder der paramilitärischen „Scorpions“-Einheit zu Haftstrafen zwischen fünf und 20 Jahren verurteilt. Einen fünften Angeklagten sprach der Gerichtshof frei. Die Verurteilten hatten sich nach dem Fall der bosnischen Muslim-Enklave im August 1995 dabei filmen lassen, wie sie Zivilisten töteten. Als „Trophäe“ hatten die Ex-Mitglieder der „Scorpions“ ihre Teilnahme an dem Massaker von Srebrenica aufnehmen lassen. Das 20-minütige Video zeigte, wie die Verurteilten ihre sechs gefesselten Opfer auf eine Waldlichtung führten und dort hinrichteten. Nacheinander wurden die Muslime durch Rückenschüsse getötet, während der unbekannte Kameramann offensichtlich angetrunken über die schwache Batterie klagte.

Das jüngste der Opfer der Männer war 16 Jahre alt. Seine Mutter wurde zehn Jahre nach dem Mord im Fernsehen mit der Tat konfrontiert. Ein Jahrzehnt nach dem Massaker von Srebrenica, bei dem fast 8000 männliche Bewohner der Muslim-Enklave ermordet wurden, spielte ein früheres Mitglied der Einheit das Video der serbischen Menschenrechtsaktivistin Natasa Kandic zu. Die TV-Ausstrahlung des Films im Juni 2005 traf die serbischen Fernsehzuschauer wie ein Schock. Viele hatten bis dahin selbst Augenzeugenberichte über das Massaker als feindliche Propaganda oder als bedauerlichen aber unabänderlichen Teil des Krieges abgetan.

Die im Video abgelichteten „Scorpions“-Mitglieder konnte Serbiens Justiz rasch identifizieren und eröffnete bereits Ende 2005 den Prozess gegen sie. Den Anführer der Einheit und seinen Stellvertreter verurteilte das Gericht nun zu jeweils 20 Jahren, den einzigen geständigen Täter zu 13 Jahren Haft. Ein vierter Angeklagter muss für fünf Jahre ins Gefängnis. Nach der Ausstrahlung der Aufnahmen akzeptieren nun deutlich mehr Serben, dass der Völkermord von Srebrenica stattgefunden hat. Bürgerrechtsgruppen fordern, die Leugnung des Massakers unter Strafe zu stellen.

Thomas Roser

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