zum Hauptinhalt
Hochhäuser des Wohnkomplexes ‘Auf dem Kölnberg’ im Kölner Stadtteil Meschenich.

© picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt

Nach dem Start der Wohngeldreform: Kommunen beklagen große Belastung

Die Wohngeldreform stellt die Kommunen zwei Monate nach dem Start vor große Probleme. Wo es hakt und was sie vom Bund fordern.

Es wurde damit gerechnet, dass die Sache ruckelig würde – und so ist es auch gekommen. Seit zwei Monaten ist die Reform des Wohngelds in Kraft, fast anderthalb Millionen Haushalte mehr als bisher können die Unterstützungsleistung nun beziehen. Entsprechend viel zu tun ist in den Wohngeldstellen der Kommunen.

„Die Bearbeitung der Wohngeld-Anträge läuft in geordneten Bahnen, aber ich bleibe dabei, dass wir seitens des Gesetzgebers mehr Vorbereitungszeit gebraucht hätten“, sagt beispielsweise Friedhelm Hagen, Leiter der Wohngeldstelle der Stadt Hannover. „Wir müssen gleichzeitig eine Antragsflut bewältigen und Dutzende neue Mitarbeiter einarbeiten, was eine große Belastung ist. Das hätte sich mit etwas mehr Vorlauf entzerren lassen.“

Früher gab es in seiner Wohngeldstelle 50 bis 55 Stellen, nun sind 35 dazugekommen. „Wir haben die meisten davon schon besetzen können, aber um die 80 Prozent der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Quereinsteiger ohne Verwaltungserfahrung. Bis die voll eingearbeitet sind, vergehen ungefähr acht Monate“, sagt Hagen.

80
Prozent der neu eingestellten Mitarbeiter in der Wohngeldstelle Hannover sind Quereinsteiger

Der Andrang aber herrscht jetzt: Im Januar und Februar waren in Hannover doppelt so viele Anträge zu bearbeiten wie im Vorjahreszeitraum.

Von Bearbeitungszeiten von vielen Monaten spricht Reinhard Sager (CDU), Präsident des Landkreistags, mit Blick auf ganz Deutschland. Die Befürchtungen hätten sich bewahrheitet. Sager fordert „spürbare Vereinfachungen im Verfahren“. Davon hänge auch ab, ob die gewünschte Digitalisierung gelingen werde.

„Die Bearbeitung des Wohngeldantrags dauert im Moment viel zu lange“, sagt auch Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK. „Die Menschen brauchen das Geld so schnell wie möglich.“ Auch Bentele fordert, den Antrag simpler zu gestalten.

Die Höhe der Bagatellgrenze ist umstritten

„Im Gesetz wurde einiges vereinfacht, dabei hätte der Gesetzgeber aber noch weitergehen sollen“, sagt auch Praktiker Hagen aus Hannover. „Zum Beispiel ist die Bagatellgrenze, bis zu der wir kein zu viel gezahltes Wohngeld zurückfordern müssen, mit 50 Euro immer noch deutlich zu niedrig. 500 Euro hätte ich sinnvoll gefunden.“

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, sagt ebenfalls, es brauche rasch weitere Verfahrensvereinfachungen. „Der Bund muss nach den ersten Praxiserfahrungen der Städte zügig nachsteuern.“ Dedy fordert ein deutschlandweit einheitliches, digitalisiertes Verfahren. Auch die Städte spürten den großen Andrang „deutlich“. Vielerorts würden unbürokratische Lösungen gefunden, etwa mit vorläufigen Wohngeldbescheiden.

Die Umsetzung der historischen Wohngeldreform ist eine große Herausforderung für die Wohngeldbehörden.

Ein Sprecher des Bundesbauministeriums

Bernd Düsterdiek, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, sagt, ein Kollaps des Systems habe bislang nur durch besondere Mühen der Kommunen verhindert werden können. Oft könnten die erforderlichen Stellen in der Verwaltung nicht zeitnah besetzt werden, der Zeitdruck sei enorm.

Insgesamt laufe die Reform sehr gut an, sagt hingegen ein Sprecher des Bundesbauministeriums, auch wenn die Reform eine „große Herausforderung“ für die Behörden sei. Es gebe keine Meldungen zu einer „unerwarteten“ Überlastung. Der Sprecher verweist auch auf die Möglichkeit, das Wohngeld vorläufig auszuzahlen.

Allerdings heißt es dazu beim Städte- und Gemeindebund, auch für die Vorschusszahlungen sei in der Praxis eine fast vollständige Prüfung nötig. Es sei dringend nötig, die Abläufe zu optimieren und zu digitalisieren.

Das Fazit der kommunalen Spitzenverbände ist klar: Sie schlagen eine Task Force zum Thema von Bund, Ländern und Kommunen vor, um schnell nachzubessern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false