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Politik: Nach dem Zeitungsbericht über ein Zerwürfnis - das Verhältnis des Verteidigungsministers zu seinem Kanzler ist loyal und selbstbewusst

Das Dementi einer Zeitungsmeldung kann auch so aussehen: Mitten in der Haushaltsdebatte am Donnerstag im Bundestag steht Rudolf Scharping auf, geht eine Sitzreihe tiefer zu Gerhard Schröder. Der Verteidigungsminister legt dem Kanzler eine Hand auf die Schulter, setzt sich neben ihn; die beiden tuscheln miteinander, dann lachen sie herzlich, und Schröder greift nach Scharpings Hand - ein Bild des schönsten Einvernehmens.

Von Robert Birnbaum

Das Dementi einer Zeitungsmeldung kann auch so aussehen: Mitten in der Haushaltsdebatte am Donnerstag im Bundestag steht Rudolf Scharping auf, geht eine Sitzreihe tiefer zu Gerhard Schröder. Der Verteidigungsminister legt dem Kanzler eine Hand auf die Schulter, setzt sich neben ihn; die beiden tuscheln miteinander, dann lachen sie herzlich, und Schröder greift nach Scharpings Hand - ein Bild des schönsten Einvernehmens. Es passt so gar nicht zu einer Schlagzeile, die am gleichen Tag die Zeitung "Die Welt" zierte: "Schröder will Scharping aus dem Kabinett drängen." Man geht nicht fehl in der Annahme, dass das Bild genau dem Zweck diente, nicht zu dieser Zeile zu passen.

Die Zeitung berief sich in ihrem Bericht auf anonyme "Regierungskreise". Schröder, so heißt es da, habe sinngemäß gesagt, er habe Oskar Lafontaine geschafft und werde Scharping auch noch schaffen. Das lässt nun insofern aufhorchen, als der Zeitpunkt von Lafontaines Abgang ebenfalls mit einer Indiskretion in mehreren Springer-Blättern zusammenhing. Damals hatte die "Bild"-Zeitung eine Kanzler-Rüge an den Finanzminister aus dem Kabinett kolportiert; woraufhin Lafontaine den Bettel hinwarf.

Aber Scharping hat erwiesenermaßen ganz andere Nehmerqualitäten als Lafontaine. Außerdem versichern Leute aus dem Umkreis Scharpings ebenso wie Kanzler-Kenner, dass von einem geplanten Rauswurf des Verteidigungsministers keine Rede sein könne. Dass die Geschichte indessen als Warnschuss gedacht sein könnte, damit Scharping nicht allzu übermütig wird - das immerhin halten führende SPD-Politiker für durchaus möglich.

Grund für eine gewisse Verärgerung hätte Schröder schon. Da ist das hartnäckige Gerücht, Scharping halte sich als Reserve-Kanzler, ersatzweise Reserve-Parteichef bereit. Ganz unschuldig an solchen - von der Opposition mit Bedacht geschürten - Mutmaßungen ist Scharping nicht: Dass er sich seinerzeit als Kanzlerkandidat das Amt des Bundeskanzlers zugetraut habe und dass sich daran nichts geändert habe, hat er jetzt mehr als einmal bekräftigt; nicht ohne den Zusatz freilich, es sei "eine Sauerei, daraus gleich eine Ambition zu machen".

Unbestritten ist auch, dass der Minister zwar jederzeit für das Sparpaket der Regierung eintritt - aber zugleich darauf beharrt, dass für die Bundeswehr spätestens im nächsten Jahr Schluss mit dem Kürzen sein müsse. Und dann ist er auch noch in den Ruch gekommen, zwei Personalien - den Aufstieg Franz Münteferings zum Generalsekretär und Reinhard Klimmts Wechsel von der Saar ins Verkehrsressort - durch Andeutungen vorzeitig publik gemacht zu haben. Scharping fühlte sich falsch interpretiert, aber Parteifreunde haben trotzdem Anstoß genommen.

Andererseits - das Selbstbewusstsein des Bundesverteidigungsministers in Sachen Kanzler-Tauglichkeit wie sein Widerstand gegen Kürzungen im Wehretat sind nicht neu. Trotzdem hat Schröder den Vize-Parteichef in das "Kleeblatt" mit Müntefering und Eichel aufgenommen, das nach dem Kanzler-Urlaub in Hannover die Weichen gestellt hat. Und ungeachtet dessen hat der SPD-Chef seinem Wehrminister die Formulierung des neuen SPD-Programms übertragen. Beides nicht unbedingt die klassischen Indizien für eine bevorstehende Zwangspensionierung.

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