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Wolfgang Clement

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Nach Querelen: Clement tritt aus der SPD aus

Am Montag entschied die Bundesschiedskommission: Wolfgang Clement darf Genosse bleiben und wird nicht aus der SPD geschmissen. Am Dienstag nun die erstaunliche Nachricht: Clement will nicht mehr.

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat nach fast 40 Jahren Parteimitgliedschaft die SPD verlassen. Der 68-Jährige begründete dies am Dienstag in einem Schreiben an die Parteispitze unter anderem damit, dass die SPD auch nach dem gescheiterten Machtwechsel in Hessen keinen "klaren Trennungsstrich" zur Linkspartei ziehe. Zugleich reagierte er auf eine Rüge durch die Bundesschiedskommission wegen seiner Äußerungen vor dem hessischen Wahlkampf. Parteichef Franz Müntefering äußerte sein Bedauern über den Abschied des früheren stellvertretenden SPD- Vorsitzenden.

Clement beklagte sich in seinem Austrittsschreiben darüber, dass mit der Rüge sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzt worden sei. Außerdem ermuntere die SPD in den Ländern zu einer Zusammenarbeit mit der Linken. Ferner kritisierte der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident die SPD-Wirtschaftspolitik, die auf eine "De-Industrialisierung" hinauslaufe. Aus diesen Gründen habe er sich nach "gründlicher Abwägung" zum Austritt entschlossen. Künftig werde er sich als "Sozialdemokrat ohne Parteibuch" an der politischen Diskussion beteiligen.

Austritt "völlig überraschend"

Müntefering sagte zu Clements Schritt: "Es ist schade, dass er nicht weiter in der Partei mitarbeiten will. Platz wäre gewesen." In den vergangenen Wochen sei mehrfach versucht worden, dem ehemaligen Parteivize "Brücken zu bauen". In der Sitzung der Schiedskommission am Montagnachmittag habe Clement noch für seinen Verbleib in der Partei gekämpft. Deshalb komme der Austritt nun "völlig überraschend". "Dass er jetzt in dieser Geschwindigkeit anders entscheidet, hat seinen eigenen Wert", sagte der SPD-Vorsitzende.

Nach Münteferings Darstellung versuchte er am Dienstagmorgen in einem Telefonat nochmals, Clement umzustimmen - jedoch ohne Erfolg. "Damit muss ich jetzt leben. Damit lebe ich auch. Damit halte ich mich jetzt nicht zu lange auf." Die SPD werde im kommenden Jahr trotzdem erfolgreiche Wahlkämpfe führen. Mit Blick auf Clements Zukunft sagte der Parteichef: "Vielleicht irgendwann, wenn die Altersweisheit ihn auch erreicht, kommt er doch noch mal zu uns zurück."

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister war seit 1970 Mitglied der Sozialdemokraten. Im Lauf seiner SPD-Karriere war er Parteisprecher, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen und zuletzt bis 2005 Wirtschaftsminister unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Seit seinem Abschied aus dem Kabinett arbeitet Clement als Publizist. Er ist in verschiedenen Aufsichtsräten tätig. Kurz vor der Landtagswahl in Hessen rief er im Januar indirekt dazu auf, die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti nicht zu wählen. Dies war von Teilen der SPD-Basis als parteischädigend gewertet worden.

Ortsverein Bochum-Hamme zufrieden

Der Bochumer SPD-Ortsverein, der deswegen den Ausschluss Clements betrieben hatte, zeigte sich über den freiwilligen Abschied zufrieden. "Das hätte er schon eher machen sollen, dann wäre er mit seiner Kritik nur noch Privatmann gewesen, und nach 14 Tagen spricht keiner mehr über ihn", sagte der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Bochum-Hamme, Rudolf Malzahn. Bei der hessischen SPD hieß es zunächst nur: "Es ist von unserer Seite alles gesagt."

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles sagte der "Frankfurter Rundschau" (Mittwoch): "Die Rüge für Wolfgang Clement war ein fairer Weg, den alle beschreiten konnten. Das hat er abgelehnt. Dann gilt: Reisende soll man nicht aufhalten." SPD- Fraktionschef Peter Struck sagte dem Nachrichtensender N24: "Das wirft uns zurück. Aber das wirft uns nicht um." (mhz/dpa)

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