zum Hauptinhalt

Politik: "Nackenschlag" für Tony Blair

Tony Blair kommt die überraschende Ankündigung des italienischen Truppenabzugs aus dem Irak alles andere als gelegen. "Kein Entrinnen vor dem Krieg", überschrieb der "Guardian" einen Kommentar, und auch von einem "Schlag in den Nacken" für den britischen Premierminister war zu lesen. (16.03.2005, 12:32 Uhr)

London - Das heikle Thema Irak-Krieg sollte im bevorstehenden Wahlkampf um die für Mai geplanten Wahlen zum Unterhaus eigentlich möglichst keine Rolle spielen. Dies könnte sich nun ändern, zumal mit dem geplanten Abzug die Lage für die britischen Truppen im Irak nach Expertenmeinung deutlich schwieriger werden dürfte.

Die Ankündigung des Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ist ein politischer Schlag für Blair und US-Präsident George W. Bush, weil die italienische Regierung einer der stärksten und zuverlässigsten Alliierten im Irak war. Aber besonders für Großbritannien stellen sich vor Ort nun ganz praktische Probleme. Denn nicht zuletzt das britische Militär wird für die 3000 abziehenden italienischen Soldaten einspringen müssen - eine große Anzahl der Italiener ist im von den Briten kontrollierten Süden des Iraks stationiert.

«Die Briten können das Loch vielleicht für eine kurze Zeit stopfen, aber man wird sich nach einer Aushilfe bei anderen Alliierten umsehen müssen - und es sieht nicht danach aus, dass sie jemanden finden, der 3000 Soldaten in den Irak schickt», sagt Charles Heyman von der Militär-Fachzeitschrift «Jane's». «Es gibt keinen Zweifel daran, dass die embryonalen irakischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage sind, die Region zu kontrollieren - sie brauchen die Koalitionstruppen als Unterstützung», sagt der Experte.

Für die Kriegsgegner im eigenen Land bedeuten die Neuigkeiten aus Rom Wasser auf ihre Mühlen. Der außenpolitische Sprecher der Liberaldemokraten, Menzies Campbell, forderte nach italienischem Vorbild den Rückzug auch der 8000 britischen Soldaten aus dem Irak. «Tony Blair wird bald der einzig verbleibende Verbündete sein, den George Bush in diesem völligen Desaster noch hat», wetterte der Vorsitzende der Schottischen Sozialistischen Partei.

Andrew Murray vom britischen «Stop the War»-Bündnis, das in der Vergangenheit Millionen gegen den Irak-Krieg auf die Straßen brachte, schrieb in einem Gastkommentar für den «Guardian» im Hinblick auf die kommenden Wahlen: «Die Invasion und Besetzung des Iraks wirft weiter einen langen Schatten auf die Politik in Großbritannien.» Gleichzeitig wollten die Kriegsgegner am Mittwoch mit dem Aufbau eines «Friedenscamps» vor dem Parlament in London beginnen. Und für diesen Samstag haben sie in der Hauptstadt wieder zu einer Massendemonstration gegen das britische Engagement im Irak aufgerufen.

(Von Jörg Berendsmeier, dpa) ()

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false