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Politik: Nächstes Jahr in Jerusalem

Israelis und Palästinenser treffen beim Weltwirtschaftsforum in Davos zusammen – und finden versöhnliche Gesten

Es war eine einstudierte Pointe. Das letzte Wort habe Israels Außenministerin Zippi Livni, sagte Klaus Schwab, ein sonst auf Ausgewogenheit bedachter Gastgeber. Der Gründer des Weltwirtschaftsforums lächelte versonnen. Die wohl wichtigste der fast 230 Veranstaltungen des Davoser Forums lag hinter dem 68-Jährigen; so hatte er sie selbst angekündigt.

Livni verpasste ihren Einsatz nicht: „Nächstes Jahr treffen wir uns in Jerusalem.“ Das 38. Weltwirtschaftsforum werde in der heiligen, für Israelis und Palästinenser so bedeutenden Stadt tagen. Die Überraschung war perfekt. Für einen Moment herrschte Stille im größten Saal des Kongresszentrums, dann löste sich der Applaus. Denn so ein Ortswechsel ist etwas Besonderes für die Global Player. 36 Mal fand der Gipfel der Mächtigen und der Reichen in Davos statt, nur einmal woanders: nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York. Von Davos soll diesmal ein Signal des Friedens ausgehen, das ist wohl Schwabs feste Absicht.

Dabei wäre die Pointe nicht nötig gewesen. Die Konfliktparteien hatten auf dem Podium bereits starke Worte gefunden. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach davon, dass es Zeit für Frieden sei und die Not in den Palästinensergebieten ein ungekanntes Ausmaß angenommen habe. „Wir sind ab sofort bereit, ernsthafte Verhandlungen mit unseren israelischen Nachbarn zu führen.“ Zwei Staaten seien das Ziel. Livni pflichtete ihm bei, wenn auch etwas skeptisch. „Können wir uns auf dieselbe Vision einigen? Wir benutzen dieselben Worte“, brachte sie das Dilemma auf den Punkt. „Was heißt zwei Staaten?“ Immer wieder drehte sie ihren Kopf weg vom Mikrofon, um Abbas direkt in die Augen zu sehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel war bereits abgereist, als die versöhnlichen, vorsichtigen Worte fielen. Am Vormittag hatte sie Abbas getroffen und sich zuversichtlich gezeigt. „Wir sehen mit großer Hoffnung, dass es jetzt eine Vielzahl von Kontakten gibt“, sagte sie danach. Daraus müsse ein „beständiger Prozess“ werden, den sie als amtierende EU-Ratspräsidentin „begleiten und forcieren“ wolle. Doch müssten die Akteure vor Ort die zentrale Rolle spielen. Abbas und der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert haben schon über eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen gesprochen. Bei einem Treffen mit US-Außenministerin Condoleezza Rice im Februar wollen sie weitere Schritte diskutieren.

Doch einer denkt schon weiter: Friedensnobelpreisträger Schimon Peres, derzeit Olmerts Stellvertreter. Wenn er über Politik reden wolle, gehe er zu den Vereinten Nationen, aber Davos wähle er, wenn er über Geld sprechen wolle, sagte er. Die Unternehmer im Saal repräsentierten viele Dollarbillionen und müssten doch erkennen, dass der Nahe Osten ein riesiger Markt sei, der erst noch in Fahrt kommen werde. Wenn die globalen Unternehmen investierten, komme auch der Frieden. „Regierungen verbitten sich die Einmischung anderer Regierungen. Gegen die Einmischung des Geldes hat niemand etwas.“

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