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Nahost: Bush verabschiedet sich - erreicht hat er nichts

Straßenkämpfe im Libanon, Raketenfeuer im Gazastreifen, eine Regierung unter Korruptionsverdacht in Israel: Die Kulisse für den Nahost-Besuch von US-Präsident George W. Bush könnte dramatischer kaum ausfallen.

Nur noch neun Amtsmonate bleiben dem Präsidenten, der einst die ehrgeizige Vision einer demokratischen Umgestaltung des Nahen Ostens verfolgte. George W. Bush läuft die Zeit davon. Sein Ziel eines Friedens zwischen Israel und den Palästinensern bis Jahresende  rückt in die Ferne. Derweil schürt das kämpferische Auftrumpfen der radikalen Hisbollah im Libanon die Kriegsangst und führt Bush vor Augen, wie sehr seine Verbündeten in der Region in der Defensive sind. Im Pulverfass Nahost schwirren gefährlich die Funken.

Frieden nicht in Sicht

Bushs am Mittwoch beginnender Besuch in Israel und die folgenden Visiten in Saudi-Arabien und Ägypten werden zur Begegnung mit einer bitteren Realiät: Der Nahe Osten zeigt dem Präsidenten der Supermacht USA die Grenzen seiner Macht. "Man kann sich kaum eine ungünstigere Zeit zum Friedensschluss in Nahost vorstellen als jetzt", sagt der renommierte Nahost-Experte Jon Alterman vom Washingtoner Center for Strategic and International Studies (CSIS). "Die politischen Rahmenbedingungen sind absolut miserabel."

Die Friedensschwüre der Konferenz von Annapolis klingen wie ein Widerhall aus einer fernen Zeit, dabei ist seit dem von Bush initiierten Nahost-Treffen an der US-Ostküste gerade ein halbes Jahr vergangen. Seitdem gab es in den großen Streitfragen keine  Bewegung. Der Grenzverlauf, der Status von Jerusalem, die Frage einer Rückkehr geflohener Palästinenser sind immer noch ungeklärt.

Mehr Symbolik als Substanz

Die Friedenshoffnung weicht wachsender Skepsis. Bushs Sicherheitsberater Stephen Hadley dämpfte bereits die Erwartungen an den Besuch: "Es wird eine Mischung aus Symbolischem und Substanziellem." Das Symbolische an Bushs Besuch besteht in seiner  Teilnahme an den Feiern zum 60. Jahrestag der Staatsgründung Israels, das Substanzielle in seinem Versuch, vor Ort den Friedensprozess voranzutreiben.

Deutlicher als Hadley äußert sich ein israelischer Regierungsbeamter hinter vorgehaltener Hand: "Außer den Feierlichkeiten und den offiziellen Terminen wird bei Bushs Besuch wenig Konkretes herauskommen", sagt er. Kurzum: mehr Symbolik als  Substanz, die Visite sei vor allem ein "Abschiedsbesuch".

Keine Kraft zum Frieden

Bezeichnend ist der Umstand, dass für Bushs Besuch kein Dreiertreffen mit Israels Ministerpräsident Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angesetzt ist. Bush trifft die beiden getrennt. Alle drei sind Staatsmänner auf Abruf, was ihre  Verhandlungsposition schwächt: Bush und Abbas scheiden 2009 aus dem Amt, Olmert könnte seinen Posten wegen Korruptionsvorwürfen sogar schon vorher verlieren.

Olmert und Abbas seien nicht in der Lage, jene schmerzhaften Zugeständnisse zu machen, ohne die ein Friedensschluss unmöglich ist, urteilt der Washingtoner Experte Alterman. "Keiner von beiden hat die Kraft zum Frieden", sagt er. "In Bushs Amtszeit wird es nicht mehr zu einem Friedensvertrag kommen."

Bushs Verbündete immer schwächer

Zusätzlich behindert werden Bushs Vermittlungsambitionen im Nahen Osten durch den Aufstieg des US-Erzfeinds Iran zur Regionalmacht, die über befreundete Milizen ihre Muskeln spielen lässt und Bushs regionale Verbündete in Bedrängnis bringt. Der US-Alliierte Abbas ist geschwächt, seit die radikalislamische Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen an sich gerissen hat und die Friedensbemühungen mit regelmäßigen Raketenattacken auf israelisches Territorium torpediert.

Im Nachbarland Libanon entbrannten wenige Tage vor Bushs Nahost-Reise blutige Kämpfe zwischen der Schiitengruppe Hisbollah, die Iran und Syrien nahe steht, und Soldaten der Regierung von Ministerpräsident Fuad Siniora, einem Verbündeten der USA. Auch im Irak sehen die USA den Iran als den größten Störenfried für die von ihnen unterstützten Bagdader Regierung. (th/AFP)

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