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Politik: Nahost-Konflikt: Straße ohne Hoffnung - Wie ein Palästinenser seinen Weg durch die Fronten sucht

Ich versuche, einige palästinensische Kollegen aus Ost-Jerusalem ans Telefon zu bekommen. Ich will rauskriegen, ob die Uni in Bethlehem offen ist, und ob ich mein Seminar dort heute geben kann.

Ich versuche, einige palästinensische Kollegen aus Ost-Jerusalem ans Telefon zu bekommen. Ich will rauskriegen, ob die Uni in Bethlehem offen ist, und ob ich mein Seminar dort heute geben kann. "Wir sind nicht sicher", sagen sie. Ich rufe die Uni an, und die sagen, sie hätten geöffnet. Also zum Taxistand. "Fahren sie nach Bethlehem?", fragt mich der Fahrer des Ford Transit. "Ja, ich fahre zur Bethlehem Universität", antworte ich. "Dann müssen sie fünf Shekel mehr bezahlen. Wir müssen heute durch den Tunnel fahren. Der israelisch-palästinensische Checkpoint ist geschlossen." "Kann ich noch nicht mal zu Fuß durch den Checkpoint nach Bethlehem gehen?", frage ich ihn. "Haben sie einen Ausweis für Jerusalem?" "Ja", sage ich. "Dann können sie definitiv nicht über den Grenzposten gehen. Dazu brauchen sie einen anderen Auweis." Mein tägliches Szenario seit dem Beginn der Al-Aksa Intifada am 29. September.

Für die Fahrt nach Bethlehem, die normalerweise 15 bis 20 Minuten dauert, brauche ich mehr als 75 Minuten. Der Ford fährt durch den Gilo-Tunnel, über Mount Everest in Beit Jala, nach Walaja - von wo aus man über die jüdische Siedlung Gilo gucken kann - nach Beit Jala hinein und dann nach Bethlehem. Die ganze Fahrt über bin ich nervös und ängstlich. Denn jeden Augenblick können wir von israelischen Soldaten oder Siedlern angehalten werden.

Als wir endlich an der Univerität angekommen sind, beginne ich schon wieder mir Sorgen über den Rückweg zu machen. Gleichzeitig erfahre ich, dass der Studentenrat entschieden hat, heute keine Seminare abzuhalten. Die Studenten wollen an den Auseinandersetzungen mit den Israelis teilnehmen. Ein weiterer Tag ohne Unterricht verstreicht. Ich fahre also zurück zum Checkpoint und gehe auf eine der Sicherheitsschleusen zu, in der Hoffnung, schnell wieder in der sichereren Zone Jerusalem zu ein. Am Checkpoint muss ich nachweisen, dass ich ein Einwohner der Stadt bin. "Wie sind Sie nach Bethlehem gekommen?", fragt mich der israelische Soldat. "Ich bin durch den Tunnel in Beit Jala nach Bethlehem gefahren", sage ich in holprigem Hebräisch. Der Soldat guckt meinen Jerusalem-Ausweis an und sagt: "Dazu haben sie keine Erlaubnis. Bethlehem liegt in einer anderen palästinensischen Zone. Das war illegal."

Sammy Kirreh

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