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Politik: Nahost-Konflikt: "Wir stehen im Krieg"

Israel und besonders Jerusalem stehen mittlerweile im Schatten eines fast alltäglichen Terrors. Erneut geschah der Anschlag am Sonntag auf der belebten Jaffa-Hauptstraße.

Israel und besonders Jerusalem stehen mittlerweile im Schatten eines fast alltäglichen Terrors. Erneut geschah der Anschlag am Sonntag auf der belebten Jaffa-Hauptstraße. Und erneut machte die Kanzlei des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon allein Palästinenserpräsident Jassir Arafat persönlich verantwortlich und drohte mit Vergeltung gemäß Kabinettsbeschlüssen. Oberbürgermeister Ehud Olmert warnte die Einwohner angesichts der Anschlagskette: "Wir stehen im Krieg", der nicht so schnell zu Ende gehe.

Beim dritten palästinensischen Selbstmordanschlag in Israel binnen einer Woche gab es am Sonntag in Jerusalem zwei Tote und Dutzende Verletzte. Die Polizei teilte mit, es sei neben einer Männer- auch eine Frauenleiche entdeckt worden. Die Frau habe den Anschlag verübt - das erste Selbstmordattentat durch eine palästinensische Frau. Die Explosion ereignete sich zum Beginn der jüdischen Arbeitswoche in einer Geschäftsstraße im Westteil der Stadt. Krankenhausmitarbeiter berichteten, viele der Verletzten hätten einen Schock erlitten.

Am Tatort in der Jaffa-Straße im jüdischen Westteil der Stadt versorgten Sanitäter die Wunden der Opfer. Ein Augenzeuge berichtete im Rundfunk, er sei einer verletzten Frau zur Hilfe geeilt, die eine klaffende Wunde am Hals gehabt habe. Er habe ein Stück Stoff auf die Wunde gepresst, um die Blutungen zu stillen. Ein Mitarbeiter eines Restaurants berichtete: "Der Anschlag war bereits der siebte, den ich in dieser Gegend erlebt habe. Aber keine Explosion war so gewaltig wie diese."

Die israelische Polizei teilte mit, die Explosion sei von einer schweren Bombe verursacht worden. Eine Leiche lag mit einem Laken bedeckt vor einem Schuhgeschäft, in dessen Nähe die Bombe gezündet worden war. Vor einer Pizzeria in der Jaffa Straße hatte sich im August ein palästinensischer Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und 16 Menschen mit in den Tod gerissen. Am Dienstag hatte ein Palästinenser in derselben Straße das Feuer auf Passanten eröffnet und zwei Israelinnen getötet. Bei einem weiteren Selbstmordanschlag am Freitag zündete ein Palästinenser in Tel Aviv einen Sprengsatz und verletzte 25 Menschen.

Der Oberkommandierende der Jerusalemer Polizei, Polizeigeneral Micki Levy, erlitt kurze Zeit später im Krankenhaus einen schweren Herzinfarkt und befindet sich auf der Intensivstation. Bei mehreren Verletzten in Jerusalem handelt es sich um Polizisten, die an dieser besonders exponierten Stelle Wache schoben, aber den Anschlag auch nicht hatten verhindern können.

Der Anschlag erfolgte nur wenige Stunden nachdem die Palästinensische Autonomieverwaltung Attacken auf israelische Bürger ausdrücklich untersagt hatte. Wie schon nach dem Anschlag in Tel Aviv, beeilte sich auch diesmal die Palästinensische Autonomieverwaltung, den Anschlag zu verurteilen. Sie rief gleichzeitig die amerikanische Regierung auf, die Vermittlungsmission von General Zinni und die Sicherheitskoordination mit den Israelis unter amerikanischer Führung zu erneuern.

In Israel wiederum zeigten sich erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierungschef Scharon und den beiden führenden Ministern der Arbeitspartei, Schimon Peres und Benjamin Ben-Eliezer. Während Scharon sich erfreut zeigte, dass US-Vermittler Zinni zu Hause bleibt, würde es Außenminister Peres begrüßen, wenn dieser seine Bemühungen um eine Waffenruhe wieder aufnähme. Verteidigungsminister Ben-Eliezer, der neugewählte Chef der Arbeitspartei, wiederum ist sauer, weil Scharon sich Anfang Februar nach Washington einladen ließ, während er selbst dort zu einem seit längerem geplanten Besuch weilt. Ben-Eliezer befürchtet, der in der amerikanischen Hauptstadt keineswegs unumstrittene Regierungschef Scharon könnte ihm entweder "die Schau stehlen" oder aber einen schweren Schatten über seine Visite werfen.

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