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dlFüller des Anstoßes. Solch edle Schreibgeräte konnten sich Bundestagsabgeordnete auf Staatskosten bestellen.

© picture alliance / dpa

Montblanc-Affäre: Nehmerqualitäten

Ist es zu viel verlangt, dass Abgeordnete auf Überflüssiges verzichten statt alles an sich zu raffen, was geht? Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Die „Montblanc-Affäre“ des Bundestages, die kürzlich Schlagzeilen schrieb, katapultierte den Ältestenrat des hohen Hauses aus dem Sommerloch. Der musste plötzlich reagieren auf das Ansinnen einer Boulevard-Zeitung, die Namen der Parlamentarier zu nennen, die sich im Jahre 2009, aus der Kostenpauschale fürs Büro, die jährlich jedem Abgeordneten aus Steuergeldern zusteht, mit Schreibutensilien vom Feinsten versorgt hatten, beispielsweise mit Füllern zum Stückpreis von 600 Euro oder Tintenfässern aus Bleikristall mit vergoldeten Beschlägen für 400, 86 Euro.

Eine Liege fürs Büro für 3500 Euro

Der Ältestenrat entschied, keine Namen zu nennen, um die Persönlichkeitsrechte der Volksvertreter zu schützen. Dennoch tauchte plötzlich eine Namensliste auf. Es war zum Staunen und Wundern, wer sich trotz der wahrlich nicht geringen Diäten und der steuerfreien Aufwandspauschale (zusammen mehr als 12 000 Euro) nicht mal ein wertvolles Schreibgerät selber kaufen wollte, sondern den Steuerzahler in Anspruch nahm.

Ab 2010 war dann Schluss mit den Montblanc-Produkten. Mit anderen edlen Teilen aber wohl nicht, denn Bundestagspräsident Lammert hat jetzt angekündigt, in der ersten Sitzung des Ältestenrates im September über weitere Änderungen nachzudenken, was besser aus der Bestellliste zu streichen sei. Endlich. Vielleicht denkt er an die Liege der Marke „Living Plattform 402“ für rund 3500 Euro oder an einen italienischen Designersessel für 2700 Euro, um die schon eingerichteten Büros ein wenig persönlicher zu gestalten. Diese Möbel sollen sich, nach Aussage eines jungen Abgeordneten, noch auf den Listen befinden. Und wie sollen die Abgeordneten die ihnen jährlich zustehende Summe von 12 000 Euro der Bürokostenpauschale auch kleinkriegen, wenn sie keine Luxusteile mehr bestellen können? Zum Vergleich: Grundschulen in Berlin erhalten nur etwa 5000 Euro jährlich, um Kleinreparaturen durchzuführen (Eltern streichen zum Beispiel Klassenräume selbst).

Verantwortung sieht anders aus

Verantwortung und einfach Verzicht auf Überflüssiges, statt Nimm-was-du-kriegst. Dürfen Bürger das nicht als Grundhaltung von ihren Volksvertretern erwarten, ja fordern? Bisher schien es in die andere Richtung zu gehen: Was legal, machbar und teuer ist, steht uns zu.

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