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Politik: Nervenkrieg um Geiseln

Israel bemüht sich um verschleppten Soldaten / Auch jüdischer Siedler im Westjordanland entführt?

Ein 18-jähriger Siedler aus der als besonders militant bekannten Siedlung Itamar in der Nähe der größten palästinensischen Westbank-Stadt Nablus wird von seiner Familie seit Montagnacht vermisst. Er sei per Autostopp unterwegs gewesen, hieß es. Die extremistischen palästinensischen Volkswiderstandskomitees (PRC) teilten ihrerseits in Gaza mit, ihre Leute im Westjordanland hielten einen Siedler in einer der dortigen Städte gefangen. Später würden sie ihre Forderungen für die Freilassung des Mannes veröffentlichten. Die israelische Armee wiederum errichtete am Dienstag im Westjordanland zahlreiche zusätzliche Straßensperren.

Die palästinensischen Widerstandskomitees nahmen auch an der Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit am frühen Sonntagmorgen beim Armee-Grenzposten Keram Schalom im benachbarten Gazastreifen teil. Sie behaupten, der verletzte Soldat befinde sich in ihrem Gewahrsam. Nach den Angaben des PRC-Sprechers Mohammed Abdel Al ist „der Soldat an einem sicheren Platz, den der zionistische Feind nicht erreichen kann“.

Nach Erkenntnissen der israelischen Sicherheitsorgane befindet sich das Geiselversteck wohl in einem Flüchtlingslager im südlichen Gazastreifen. Israel befürchtet, dass die Entführer versuchen könnten, ihre Geisel nach Ägypten herauszuschmuggeln. Deshalb wurde auch ein regelrechter Isolierungsring um den Gazastreifen gezogen: Panzer haben im Osten und die Marine im Westen vor der Küste Stellung bezogen, die Grenze zu Ägypten ist gesperrt. Ägypten wiederum soll 2500 Polizisten nahe der Grenze zum Gazastreifen stationiert haben, um Fluchtversuche zu verhindern.

US-Außenministerin Condoleezza Rice rief die Konfliktparteien auf, der Diplomatie eine Chance einzuräumen, eine weitere Eskalation zu vermeiden und die Spannungen abzubauen. Es gebe ein „konzertiertes internationales Engagement“ für die Freilassung des entführten Soldaten. So bemühen sich ägyptische Diplomaten in Gaza um die Freilassung des israelischen Hauptgefreiten Schalit, stoßen aber auf zahlreiche Hindernisse. Sie haben den Eindruck, dass die Entführer mehreren Gruppierungen angehören, untereinander zerstritten sind und nicht genau wissen, was sie eigentlich wollen. Bisher verlangten die Entführer die Freilassung aller 95 palästinensischen Frauen sowie aller Jugendlichen unter 18 Jahren, die sich in israelischer Haft befinden. Nach letzten Angaben sind 313 Jugendliche inhaftiert.

In Israel ist sich die Regierung mit den Spitzen der Sicherheitsorgane sicher, dass der im syrischen Exil lebende eigentliche Anführer der Hamas, Khaled Mashal, die Entführung des Soldaten angeordnet hat. Israels stellvertretender Ministerpräsident Schimon Peres sprach dann auch eine unverhüllte Drohung an Mashal aus. Der Hamas-Mann hatte vor neun Jahren einen Tötungsversuch israelischer Mossad-Agenten in Amman nur mit viel Glück überlebt.

Unterdessen könnten sich die Spannungen weiter verschärfen, nachdem bei einer Explosion in Gaza am Dienstag der Hamas und Augenzeugen zufolge ein Mitglied der regierenden radikal-islamischen Gruppe ums Leben gekommen ist. Berichte deuteten auf einen israelischen Luftangriff hin, sagte ein Hamas-Sprecher. Das israelische Militär wies jedoch eine Verwicklung in den Vorfall zurück.

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