zum Hauptinhalt
Hält an Bedingungen fest: Israels Premier Benjamin Netanjahu. Foto: AFP

© AFP

Politik: Netanjahu zu Zugeständnissen bereit?

Medien: Teilweiser Siedlungsbau-Stopp möglich / Krisengespräch in Berlin

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu ist nach Medienberichten erstmals zu einem Teilbaustopp im Westjordanland bereit. Allerdings wolle er nur die Erstellung öffentlicher Bauten und von Häusern auf Staatsland vorübergehend stoppen, berichtete die israelische Tageszeitung „Haaretz“. Der Großteil der Siedlungsbauten erfolgt aber privat und auf Privatland.

Die kolumbianische Außenministerin Maria Angela Holguin habe eine diesbezügliche Botschaft Netanjahus diese Woche an Abbas übergeben, ohne eine direkte Antwort zu erhalten. Erwartungsgemäß dementierte der israelische Regierungssprecher Mark Regev den Bericht öffentlich. Die Position seines Landes sei unverändert: Die Regierung habe keinen Siedlungsstopp angeboten, sei aber zu Friedensgesprächen bereit, solange diese ohne Vorbedingungen beginnen könnten. Doch Abbas’ Ministerpräsident Salam Fayyad erklärte in Washington, dies sei nicht der richtige Zeitpunkt für Verhandlungen mit Israel. Gleiches verlautete auch aus Abbas’ Umgebung.

Der Palästinenserpräsident beharrt auf einem vollständigen Siedlungsbaustopp im Westjordanland und Ost-Jerusalem als Vorbedingung zu direkten Verhandlungen. Er ist nach Angaben von diversen ausländischen Gesprächspartnern in äußerst schlechter Laune, insbesondere nach dem Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hamas, der seine Stellung unter den Palästinensern erheblich geschwächt hat. Netanjahu sei „daran interessiert, dass man mich schlachtet, weil ich heute für Israel der gefährlichste Mann bin“, zitiert ein westlicher Diplomat Abbas. Dieser ist laut seinen Leuten entschlossen, die Bemühungen um eine staatliche Anerkennung Palästinas bei den Vereinten Nationen zu intensivieren. Gleichzeitig sei er aber amtsmüde und rede von Präsidentschaftswahlen bereits im Januar 2012, bei denen er nicht mehr kandidieren werde.

Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos ergriff nach einem Treffen mit Abbas und mit Zustimmung der US- Regierung eine Initiative für israelisch-palästinensische Verhandlungen. Seine Außenministerin Holguin ist deshalb diese Woche mit diversen Vorschlägen in die Krisenregion gereist. So soll sie unter anderem ein Geheimtreffen von Abbas und Netanjahu oder Gespräche zuerst auf niedrigem Niveau vorgeschlagen haben. Sie habe auch Kolumbien, derzeit Mitglied des UN-Sicherheitsrates, als Ort der Gespräche angeboten.

Am Mittwoch werden Repräsentanten des von den USA angeführten Nahost- Quartetts, dem auch die EU, die UN und Russland angehören, in Jerusalem und Ramallah getrennte Gespräche aufnehmen, allerdings weder mit Netanjahu noch mit Abbas. Thema ist die Umsetzung des Fahrplans für direkte Verhandlungen. Gemäß diesem Fahrplan sollten sich Israel und die Palästinenser innerhalb von drei Monaten auf Grenzziehung und Sicherheitsvorkehrungen einigen und bis Ende 2012 die Endstatus-Verhandlungen erfolgreich abschließen. Die einzelnen Quartett-Mitglieder haben in den letzten Tagen und Wochen die israelischen Baubewilligungen für die jenseits der ehemaligen Grenzlinie liegenden annektierten Ost-Jerusalemer Quartiere Gilo und Givat Hamatos heftig kritisiert.

Der israelische Vize-Außenminister Danny Ayalon wird kommende Woche in Berlin versuchen, die persönlichen Spannungen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Netanjahu abzubauen. Bekanntlich hat Merkel vor zwei Wochen wegen der Baubewilligungen für das Jerusalemer Außenquartier Gilo, das weltweit als illegale Siedlung gilt, Netanjahu telefonisch ihre Meinung in deutlichen Worten gesagt: „Dies ist eine Provokation“ und „ich kann nicht verstehen, wie einige Tage nach der Mitteilung des Quartetts (über den Verhandlungs-Fahrplan) ihr 1110 Wohnungen genehmigt“. Merkel sei so wütend auf Netanjahu, hieß es damals aus ihrer Umgebung, dass „sie ihm kein Wort glaubt“.

Ayalon sollte am Sonntag nur zu einer proisraelischen Veranstaltung nach Frankfurt reisen, doch sein Chef in Amt und Partei, der nationalistische Außenminister Avigdor Lieberman, habe ihn danach zum Spannungsabbau nach Berlin beordert. Der eitle Ayalon war weltweit bekannt geworden, weil er auf provokant-beleidigende Art die Krise mit Ankara verstärkte, indem er den türkischen Botschafter vorlud und ihn auf ein besonders niedriges Sofa platzierte. Nun will er dem Leiter Außenpolitik im Kanzleramt, Christoph Heusgen, neue Zahlen über den Umfang der Bautätigkeit für Juden, aber auch Araber in Jerusalem vorlegen. „Wir wollen in dieser Sache “, hieß es im Jerusalemer Außenministerium, „einen ruhigen Dialog aufnehmen, damit nicht jede Baubewilligung eine Krise in den israelisch-deutschen Beziehungen auslöst.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false