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Gängige Verschlüsselungstechniken können von Geheimdiensten offenbar ausgehebelt werden, berichtet der Informant Edward Snowden.

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Update

Neue Enthüllungen in Spähaffäre: Snowden: NSA knackt Verschlüsselungen im Internet

Nichts scheint sicher vor Geheimdiensten, auch keine verschlüsselten E-Mails, Daten oder Bankgeschäfte. Wer diesen Verdacht hegte, kann sich durch neue Dokumente des Informanten Edward Snowden bestätigt sehen.

Geheimdienste können offenbar bis in die tiefste Online-Privatsphäre vordringen. Gängige Verschlüsselungssysteme für Daten, E-Mails oder Bankgeschäfte stellen für den US-Dienst NSA und den britischen GCHQ kein Hindernis dar. Mit Hilfe von Supercomputern sei es ihnen gelungen, die Mehrheit der bekannten Technologien wie VPN oder SSL zu knacken oder zu umgehen, berichteten die „New York Times“, der „Guardian“ und das stiftungsfinanzierte investigative US-Nachrichtenportal ProPublica am Donnerstag in ihren Onlineausgaben.

Den Angaben zufolge kommen die Spionagebehörden auch unter aktiver Mithilfe großer Technik- und Internetfirmen an die verschlüsselten Daten. Die NSA habe etwa sicherstellen können, dass verbreitete Verschlüsselungssysteme bestimmte Schwächen aufweisen, die ein Ausspähen ermöglichen. Der Dienst steckt dem „Guardian“-Bericht zufolge jährlich 250 Millionen Dollar in ein Programm, das unter anderem zum Ziel hat, „verdeckt“ Einfluss auf die Produkte von Firmen zu nehmen. Genannt werden die Unternehmen nicht

Die „geheimen Partnerschaften“ ermöglichten es dem Geheimdienst, verborgene Zugänge in kommerzielle Verschlüsselungssoftware einzubauen. Die GCHQ sei so vermutlich in der Lage, in User-Accounts bei Hotmail, Google, Yahoo und Facebook einzudringen.

Auch der britische Geheimdienst GCHQ sei beim Code-Knacken sehr erfolgreich. Seine Experten hätten es zuletzt besonders auf Ziele wie Google, Yahoo, Facebook und Microsoft abgesehen.

Der Experte für Verschlüsselungstechniken und Sicherheitsfragen, Bruce Schneier bezeichnete die neuen Enthüllungen in seinem Blog als „explosiv“. „Die NSA ist in der Lage, das meiste im Internet zu entschlüsseln“ - und das nicht auf „mathematischem Weg“, sondern „indem sie betrügen“.

Das milliardenteure NSA-Programm mit dem Codenamen Bullrun gehört demnach zu den größten Geheimnissen der Behörde. Nur sehr wenige Mitarbeiter hätten Zugang zu den Top-Secret-Informationen - und nur die Partnerbehörden in Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland wüssten davon.

In der Informationstechnologie wird Verschlüsselung eingesetzt, um vertrauliche Inhalte vor dem unbefugten Zugriff anderer zu schützen. Dabei werden Informationen mit Hilfe komplexer mathematischer Formeln verschlüsselt. Je länger ein solcher Schlüssel ist, desto mehr Sicherheit bietet er. Die sichersten Verschlüsselungen zu knacken, erfordert eine Rechenleistung, die selbst moderne Rechenzentren nicht bieten können.

Der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte durch die Veröffentlichung von Dokumenten zum Ausmaß der Telefon- und Internet-Überwachung durch die NSA Schlagzeilen gemacht. Er ist seit Mai auf der Flucht, die US-Justiz wirft ihm Spionage vor. Derzeit hält er sich in Russland auf, das ihm vorläufig für ein Jahr Asyl gewährt hat.(AFP/dpa)

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