zum Hauptinhalt
Wolfgang Schäuble

© dpa

Neue Extremismusklausel: Fiskus nimmt extremistische Vereine aufs Korn

Vereine, die vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft werden, sollen künftig schneller ihre Steuervorteile verlieren. So plant es die schwarz-gelbe Koalition. Renommierte Hilfs- und Umweltorganisationen laufen Sturm.

Von Matthias Meisner

Nur ein Wort soll wegfallen im Paragrafen 51 des Jahressteuergesetzes 2013, Absatz 3 Satz 2: „widerlegbar“. Für bisher gemeinnützige Organisationen könnte das weitreichende Folgen haben. Denn künftig haben die Finanzämter keinen Spielraum mehr: Ist eine Körperschaft – Parteien sind nicht betroffen – im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder einer der 16 Bundesländer als extremistisch aufgeführt, darf sie nicht mehr von Steuervergünstigungen profitieren. Auch der Klageweg vor den Finanzgerichten wird versperrt. Nach Streichung des Wortes „widerlegbar“ müsse eine Überprüfung, ob eine Organisation womöglich doch als gemeinnützig gelten könne, „nicht mehr durchgeführt werden“, erläuterte das Bundesfinanzministerium.

Vor der Sommerpause hatte der Entwurf das Bundeskabinett passiert, im Herbst soll die Novelle von Parlament und Bundesrat verabschiedet werden. Doch Kritiker empören sich, und dass der Verfassungsschutz im Zusammenhang mit den Neonazi-Morden in der Krise ist, ermuntert sie. Renommierte Organisationen und Netzwerke wie Medico International, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Attac oder Robin Wood berichten, als protestorientierte Verbände hätten sie oft „behördliche Willkür“ erlebt. Castor-Blockaden könnten leicht als extremistische Tat eingestuft werden. Die Wochenzeitung „Freitag“ zitiert Jutta Sundermann von Attac mit den Vorwurf, die Verfassungsschutzbehörden sollten „eine völlig unakzeptable Macht“ bekommen.

Seit 2009 galt, dass verfassungsfeindliche Organisationen nicht gemeinnützig sein konnten – doch immer wieder kam es vor, dass ein Finanzamt die Aberkennung einer Gemeinnützigkeit zurücknahm. Künftig bleibt nur noch der Weg zum Verwaltungsgericht: Dort können Verbände versuchen, eine Korrektur eines Verfassungsschutzberichtes durchzusetzen – ein im Einzelfall langwieriger Rechtsweg, der, wie die Linken-Finanzpolitikerin Barbara Höll sagt, manchen Verein leicht finanziell überfordern könnte. Nicht nur die Bundestags-Opposition sieht die Neuregelung kritisch. Der FDP-Obmann im Finanzausschuss, Daniel Volk, sagte der Agentur dapd: „Die alte Regelung hat sich bewährt. Es gibt im Moment keinen Handlungsbedarf.“

Das Ministerium sieht ihn sehr wohl. Es hält auch für richtig, dass die Gemeinnützigkeit auch dann aberkannt werden muss, wenn nur ein Länder-Verfassungsschutz einen Verband als extremistisch aufführt. Denn vermutet wird, dass sich diese Behörde dann besonders intensiv um die Sammlung entsprechender Fakten gekümmert hat. Eine Sprecherin betont, mit den Verwaltungsgerichten stehe der „sachnähere Gerichtsweg“ weiter offen. Im Umkehrschluss: Die Finanzgerichte seien mit der Frage überfordert gewesen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false