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Politik: Neues Bündnis aus "Vaterland" und "Ganz Russland" könnte im Dezember stärkste Fraktion des Parlaments werden

Ein neues, oppositionelles Wahlbündnis hat sich gestern in Moskau formiert. Die Führungsmitglieder der Allianz zwischen der Partei "Vaterland" des Moskauer Bürgermeisters Juri Luschkow und die Bewegung der Regionalvertreter "Ganz Russland" um den Präsidenten der russischen Teilrepublik Tatarstan, Mintimer Schaimijew, haben gestern Mittag per Unterschrift bekräftigt, dass sie bei den Dumawahlen im Dezember mit einer gemeinsamen Liste ins Rennen gehen werden.

Ein neues, oppositionelles Wahlbündnis hat sich gestern in Moskau formiert. Die Führungsmitglieder der Allianz zwischen der Partei "Vaterland" des Moskauer Bürgermeisters Juri Luschkow und die Bewegung der Regionalvertreter "Ganz Russland" um den Präsidenten der russischen Teilrepublik Tatarstan, Mintimer Schaimijew, haben gestern Mittag per Unterschrift bekräftigt, dass sie bei den Dumawahlen im Dezember mit einer gemeinsamen Liste ins Rennen gehen werden.

Kurz vorher hatte Jelzin noch versucht, Schaimijew als inoffiziellem Führer der nationalen Teilrepubliken die Fusion auszureden. Aus gutem Grunde: Die Bewegung lehrt nicht nur die Kommunisten als stärkste Fraktion im Parlament das Fürchten. Selbst kremltreue Analytiker räumen ein, dass die politische Neuschöpfung zumindest auf die relative, wenn nicht gar auf die absolute Mehrheit hoffen kann. Das aber darf, da bei den Dumawahlen auch die Weichen für die im nächsten Sommer fälligen Präsidentschaftswahlen gestellt werden, nach Meinung des Jelzin-Klüngels auf keinen Fall geschehen.

Nicht nur, weil der Moskauer Bürgermeister Luschkow, der sich im letzten Herbst offen als potenzieller Jelzin-Erbe outete, Jelzin-Treuen seither als Reinkarnation des Beelzebubs gilt. Mindestens ebenso wurmt Jelzin, dass Luschkow den ersten Listenplatz einem Intimfeind des Kremls antragen will - Exregierungschef Jewgenij Primakow, der nach seinem Rausschmiss am 12. Mai an Beliebtheit noch gewonnen hat.

Als erfahrener Politiker weiß Primakow allerdings auch um die Klippen des neuen Blocks: Die Gouverneure wollen ein Maximum an Selbstständigkeit, Luschkow hingegen plädiert für Verwaltungschefs, die in den Regionen auf Vorschlag des Präsidenten gewählt werden. Zudem droht der Luschkow-Partei der Verlust ganzer Kollektivmitglieder, die bei einer Fusion mit den Regionalfürsten um ihre Identität fürchten.

Primakow hingegen muss Auflagen potenzieller Sponsoren erfüllen. Die aber haben Wahlkampfmittel an zwei konkrete Bedingungen geknüpft: ein Bündnis, in dem die Regionen tonangebend sind, und das zudem über funktionierende Strukturen verfügt. Letztere wurde Primakow mit dem Rausschmiss bereits los, und ohne deutliches politisches Bekenntnis droht ihm über kurz oder lang der tödliche Boykott der Medien, die vollauf mit dem Wahlkampf beschäftigt sind.

Beobachter nehmen an, dass Primakow sein Ja-Wort für die Zusammenarbeit mit dem neuen Bündnis von Vaterland und Ganz Russland geben wird. Der russische Präsident Jelizin gab unterdessen bekannt, er werde sich durch das neue Wahlbündnis seiner Gegner nicht entmutigen lassen. Welchen Kandidaten der Kreml für die Präsidentenwahl im Juni kommenden Jahres ins Rennen schicken wird, ist bislang noch offen.

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