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Ein Demonstrant in Managua hält ein Schild mit der Aufschrift «Nicaragua Libre» («Nicaragua Frei»).

© Alfredo Zuniga/AP/dpa

Nicaragua: Präsident Ortega zieht umstrittene Rentenreform nach Protesten zurück

Höhere Beiträge, aber weniger Rente: Präsident Daniel Ortegas Rentenreform sorgte in Nicaragua für heftige Proteste. Die Demonstranten wollen ihn zum Rücktritt zwingen.

Angesichts tagelanger blutiger Proteste hat Nicaraguas Präsident Daniel Ortega die geplante Rentenreform zurückgezogen. Die Pläne hätten "diese ganze Situation" hervorgerufen, begründete Ortega seine Kehrtwende am Sonntag nach Gesprächen mit Wirtschaftsführern. Zugleich verglich er die Demonstranten mit kriminellen Banden. Die protestierenden Studenten kündigten indes an, weiter auf die Straße gehen zu wollen, bis Ortega zurücktrete.

Das federführende Institut für soziale Sicherheit (INSS) habe beschlossen, das Reformprojekt fallenzulassen, sagte Ortega nach den Gesprächen mit Wirtschaftsführern, welche die Reformpläne ebenfalls abgelehnt hatten.

Bei den Protesten gegen die Rentenreform wurden seit Mittwoch nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten 25 Menschen getötet. Zu den Toten zählten Minderjährige, Studenten und ein Journalist. Die Behörden hatten am Freitag von zehn Todesopfern gesprochen, seither aber keine Angaben mehr gemacht.

Die Rentenreform sah vor, dass die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern für die Rentenversicherung steigen, zugleich aber die Renten um fünf Prozent gekürzt werden. Damit sollte das Defizit in Nicaraguas Sozialsystem verringert werden.

Ortega regiert seit elf Jahren

Nicaragua galt im Vergleich zu Nachbarstaaten bislang als relativ sicheres Land in der Region. Die Demonstrationen gegen das Reformprojekt waren die bislang heftigsten Proteste in Ortegas Amtszeit. Der 72-Jährige regiert das Land seit elf Jahren, Vizepräsidentin ist seine Ehefrau Rosario Murillo.

Ortega ließ die Armee gegen die Demonstranten aufmarschieren, machte die unabhängigen Medien mundtot und mobilisierte regierungstreue Demonstranten, was aber nicht zu einem Ende der Proteste führte. Es gab Plünderungen, einige Ladenbesitzer standen bewaffnet Wache vor ihren Geschäften. Teile der Hauptstadt Managua waren mit Trümmern bedeckt.

Ortega warf den Demonstranten vor, sich wie Banden aufzuführen, "die einander töten". Die Ordnung müsse wiederhergestellt werden. Seine Regierung werde "Chaos, Kriminalität und Plünderungen" nicht zulassen, sagte er am Sonntag.

Ein Arzt sagte in einem Interview, die Polizei habe zuletzt nicht mehr Gummigeschosse, sondern tödliche Schüsse auf die demonstrierenden Studenten abgefeuert. Die Wunden stammten von Schusswaffen. Die USA verurteilten den "exzessiven Einsatz von Gewalt durch die Polizei und andere", die EU nannte die Gewalt "inakzeptabel".

Einige der protestierenden Studenten sagten am Sonntag, die Rücknahme der Rentenreform reiche nicht mehr aus. Es gehe nicht nur um die Reform, sondern "um all die Jahre der Ausbeutung der Menschen durch das Regime", sagte ein Student in Managua. "Der Kampf geht weiter, nicht einen Schritt zurück", sagte ein weiterer Student. Einige nannten Ortega einen "Diktator".

Rentenreform war nur Ventil für Unzufriedenheit

Auch Beobachter und Wirtschaftsführer sehen die Unzufriedenheit der Bevölkerung hinter den Protesten. Diese gehe weit über den Ärger über die Rentenreform hinaus.

Die Vorsitzende der Oppositionsbewegung FAD, Violeta Granera, sagte der Nachrichtenagentur AFP, es müssten freie und transparente Wahlen organisiert werden, "um einen noch höheren Preis für die Bevölkerung zu vermeiden". Die Oppositionsbewegung war von der Präsidentschaftswahl 2016 ausgeschlossen worden. (AFP)

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