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Politik: „Nicht 24 Monate auf Arbeitslosengeld ausruhen“

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner steht zum Rüttgers-Vorschlag – aber unter Bedingungen

Wird sich der CDU-Parteitag über die Frage des sozialen Profils der Union zerstreiten?

Das glaube ich auf keinen Fall. Beim Antrag aus NRW geht es um die Frage der Leistungsgerechtigkeit beim Arbeitslosengeld. Es geht nicht darum, mehr zu verteilen. Die Frage ist allein, wie das, was verfügbar ist, gerecht verteilt werden kann. Einen entsprechenden Beschluss haben wir schon 2004 gefasst. Sie können in vielen Äußerungen von CDU-Politikern nachlesen, dass wir uns in dieser Frage treu geblieben sind.

Was ist verteilungsgerecht?

Wer auf längere Sicht beigetragen hat, das Solidarsystem zu finanzieren, soll nach dem Leistungsprinzip auch Anspruch haben, länger unterstützt zu werden.

Im Augenblick hat man eher den Eindruck, dass das Thema dazu dient, die SPD auf dem Feld des Sozialen ein wenig in die Ecke zu drängen …

Die SPD drängt sich selbst in die Ecke. Die SPD-Fraktion hatte im vergangenen Jahr einen Beschluss gefasst, die Bezugsdauer von älteren Arbeitslosen auf 36 Monate zu verlängern. Sicherlich, wir haben bei der SPD einen Nerv getroffen.

Wie wollen Sie das aber finanzieren? Ist es leistungsgerecht, das, was Sie den Älteren geben, den Jüngeren zu nehmen?

Es geht nicht von vornherein um Alt und Jung, sondern um die Einzahlungsdauer. Es gibt auch ältere Arbeitslose, die nur kurze Zeit Arbeitslosenversicherung bezahlt haben. Die Finanzierungslücke beträgt rund 700 Millionen Euro. Für Arbeitslosengeld I geben wir ungefähr 22 Milliarden Euro aus. Innerhalb dieses Systems müssen die 700 Millionen Euro aufgebracht werden.

Sie werden auf dem Parteitag dem Antrag aus Nordrhein-Westfalen zustimmen?

Der CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz wird den Rüttgers-Vorschlag unterstützen, allerdings darauf dringen, dass auch bei den Älteren das Willigkeitsprinzip eine Rolle spielen muss. Also dass sich einer nicht ausruht auf den 24 Monaten Arbeitslosengeld, sondern dass er einen angebotenen Job auch annehmen muss, sonst wird das Arbeitslosengeld gekürzt.

Menschen im Osten konnten erst seit 1990 ins Sozialsystem einzahlen, obwohl sie vorher vielleicht schon Jahrzehnte gearbeitet haben. Sie würden in jedem Fall eine kürzere Arbeitslosengeld-Bezugsdauer in Kauf nehmen müssen. Ist das gerecht?

Da können wir keinen Unterschied machen. Irgendwo wird es Einschnitte geben müssen. Wir haben nicht mehr zu verteilen als wir haben. Wir haben ja auch Hartz IV für den Osten angehoben. Es gibt also Solidarität mit dem Osten von der anderen Seite. Aber beim ALG I würde ich das so durchziehen.

Die Antragskommission empfiehlt dem Parteitag, dem Rüttgers-Antrag im Grundsatz zuzustimmen und ihn dann zur weiteren Bearbeitung an die Fraktion zu überweisen. Ist das nicht eine Beerdigung des Vorschlags auf dem formalen Wege?

Ich bin keine Prophetin. Immerhin hat Herr Rüttgers die Möglichkeit, über den Bundesrat einen entsprechenden Antrag auf den Weg zu bringen, und das erwarte ich auch von ihm: konkret ausgearbeitet und durchgerechnet.

Das Gespräch führten Cordula Eubel, Ingrid Müller und Matthias Schlegel.

Julia Klöckner (33), seit 2002 Bundestagsabgeordnete, ist stellvertretende CDU-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz und gehört der Antragskommission beim CDU-Parteitag an.

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