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Politik: Nicht mit links

SPD und DGB nehmen Pläne für eine Protestpartei sehr ernst – selbst Gewerkschaftsführer gehen auf Distanz

Von Matthias Meisner

Es sind nach wie vor nur ein paar Sätze, mit denen die „Wahlalternative“ im Internet von sich reden macht. Kurze Bemerkungen über politische Resignation und einige wenige Presseausschnitte finden sich. Dazu die „Klarstellung“, dass niemand den Hamburger Rechtspopulisten Ronald Schill zum Vorbild nehmen wolle. Und dann kündigen die Initiatoren der potenziellen Linkspartei an: „Mehr Inhalt in den kommenden Wochen auf dieser Seite.“

Umso ernster nehmen führende Gewerkschaftsfunktionäre und Spitzenpolitiker der SPD die Pläne der Gruppe Intellektueller, die sich Anfang März in den Räumen der DGB-Zentrale in Berlin getroffen hatte. Von DGB-Chef Michael Sommer über Kanzler Gerhard Schröder bis hin zum designierten SPD-Chef Franz Müntefering – einhellig distanzierten sich die Genossen von Überlegungen, eine neue Partei zu gründen. Zumal diese Pläne inzwischen nicht nur von der „Wahlalternative“ verfolgt werden, sondern auch von einem weiteren Bündnis „Arbeit & soziale Gerechtigkeit“, getragen auch von mehreren Mitgliedern der SPD. Unverblümt drohte Schröder Dissidenten mit dem Parteiausschluss. Eine Neugründung „links von der SPD“ sei „nicht vereinbar mit einer Mitgliedschaft in der SPD“, sagte der Kanzler im Deutschlandfunk. Leicht nehmen will Schröder die Angelegenheit nicht: „Das muss man ernst nehmen, und das wird auch ernst genommen.“

Wie ernst, das zeigt sich schon daran, dass die Auseinandersetzung mit den Rebellen sowohl in Gewerkschaften wie auch bei der SPD zur Chefsache geworden ist. Der DGB- Vorsitzende Sommer betonte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, er halte die Gründung einer neuen Linkspartei „für einen politischen Fehler, geradezu für eine Torheit“. Die Gewerkschaften seien Einheitsgewerkschaften, eine Parteigründung verbiete sich von selbst: „Sektierertum hat noch nie zum Erfolg geführt.“ Nicht ganz so scharf in der Wortwahl ist Jürgen Peters, der Vorsitzende der IG Metall. In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ nennt er die Überlegungen der „Wahlalternative“ „nicht klug“, fügt aber gleich hinzu: „Aber daraus spricht natürlich auch ein außerordentlicher Unmut über die Politik der Bundesregierung.“

Dabei müssen die potenziellen Parteigründer bisher ganz ohne prominente Vorkämpfer auskommen – beim von Verdi-Sekretär Ralf Krämer iniitierten Treffen der „Wahlalternative“ war der frühere Grünen-Europaabgeordnete Frieder Otto Wolf noch der bekannteste Teilnehmer. Streitbare Aktivisten oder gar Populisten fehlen den Initiativen. Auch SPD-Ex-Chef Oskar Lafontaine beobachtet die Bündnisbemühungen nur mit Sympathie. Selber mitmachen will er nicht. „Wenn die SPD ihre Politik nicht ändert, wird zwangsläufig eine neue linke Partei entstehen“, sagt er allerdings voraus.

Und die PDS? Sie ist hin- und hergerissen. Einerseits sagt Parteichef Lothar Bisky, die Linke brauche in Deutschland tatsächlich „neue Impulse“. Andererseits hält er von einer Parteigründung wenig – lieber würde er die Enttäuschten aus dem Lager von SPD, Grünen und Gewerkschaften selbst aufsammeln und für seine Partei gewinnen. Angesichts der Schwäche der PDS vor allem im Westen spricht jedoch wenig dafür, dass dies gelingt.

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