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Politik: Nicht witzig

Die CDU sorgt sich um die Führungskrise der Schwesterpartei in München

Von Robert Birnbaum

Offiziell ist das Thema so gut wie gar keins bei der CDU-Vorstandsklausur in Bremen. Im Sitzungssaal im Parkhotel nicht, vor den Kameras und Mikrofonen im Foyer auch nicht. Gerade mal, dass Angela Merkel den Namen anspricht: „Ich arbeite gern mit Edmund Stoiber zusammen, und ich arbeite gut mit ihm zusammen“, sagt die Kanzlerin und CDU- Vorsitzende am Samstag. Wie lange noch? Kein Kommentar. Einen verdeckten Kommentar zur Krise der CSU und ihres Vorsitzenden erlaubt sich Merkel aber doch: „Die Union ist stark, wenn CDU und CSU stark sind.“ Eine Mahnung an die Schwesterpartei, das Chaos rasch und nachhaltig zu beenden.

Weiter geht öffentlich keiner. Schließlich, gibt der Niedersachse Christian Wulff zu bedenken, wäre die CDU „mit dem Klammerbeutel gepudert“, wenn sie sich einmischen würde: Sie würde dann nur denen in der Schwesterpartei schaden, für die sie sich verwenden würde. Drinnen beim geselligen Abendessen und abseits der Mikrofone werden viele deutlich. „Schwierige Situation“, murmelt ein CDU-Vorständler. „Ich glaube, dass er’s nicht mehr schafft“, sagt ein anderer. Für die meisten ist Stoibers Schicksal besiegelt. „Wenn in einem Ast erst einmal so viele Keile stecken, dann bricht er“, sagt ein Präsidiumsmitglied. Mit seiner Äußerung, bei einer Wiederwahl bis 2013 regieren zu wollen, habe Stoiber den Bogen überspannt, glaubt ein anderer führender Christdemokrat und fügt hinzu: „Ich denke, er weiß das.“

Ein Dritter aus dem engsten Führungskreis fühlt sich an das Ende anderer Politgrößen erinnert: Da gebe es immer einen Zeitpunkt, bis zu dem der Betroffene den eigenen Abgang noch in der Hand habe – aber kurz darauf schon nicht mehr. Und ein Vierter legt der CSU ein Vorbild aus Großbritannien ans Herz: Bei den konservativen Tories gebe es auf den einflussreichen Hinterbänken des Parlaments das „1922 Committee“. Wenn dieses zu dem Schluss komme, dass der eigene Premierminister fällig sei, zögen ihrer Dreie einen schwarzen Anzug an und begäben sich nach Downing Street 10. Der Premier wisse dann, was zu tun sei.

In Wahrheit findet niemand die Malaise der CSU witzig. Würde die Schwesterpartei durch die Führungskrise weiter gelähmt, würde das nicht nur den gemeinsamen Umfragewerten schaden. Es würde auch das Gewicht der Union in der großen Koalition vermindern. Darum will die CDU vor allem anderen, dass die Bayern ihre Probleme rasch lösen. „Die Erfahrung lehrt, dass Schnelligkeit sich hier lohnt“, sagt Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust. Wenig später verlässt der Nordrhein-Westfale Jürgen Rüttgers den Saal. Und, wenigstens Mitgefühl mit Stoiber? Rüttgers verzieht keine Miene und drängt ins Freie: „Tschüss, macht’s gut!“

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