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Politik: Nichts Genaues weiss man nicht

Die Regierung von Gerhard Schröder ist in Schwierigkeiten. Für seinen Sparkurs findet der Bundeskanzler bei den Wählerinnen und Wählern kaum Zustimmung.

Die Regierung von Gerhard Schröder ist in Schwierigkeiten. Für seinen Sparkurs findet der Bundeskanzler bei den Wählerinnen und Wählern kaum Zustimmung. Das Hauptargument gegen ihn lautet, er missachte die soziale Gerechtigkeit. Was kann er jetzt noch tun, um Erfolg zu haben? Kann und soll er überhaupt noch Erfolg haben?

Gerechtigkeit für Gerhard Schröder! Mein Gott, sind wir schon so weit, dass für Gerhard Schröder um Gerechtigkeit gebettelt werden muss? Bedarf es schon eines Emile Zola? Schröder ist doch kein Dreyfus. Wenn schon mit einer großen Fahne gewunken werden muss, dann vielleicht eher mit der des Mitleids.

Er hat die Bundestagswahl gewonnen. Jetzt muss er sehen, wie er mit seiner Koalitionsmehrheit zurecht kommt. Mehrheit ist Mehrheit. Gerechtigkeit und Innovation waren im Wahlkampf 1998 von Schröder angesagt. Wo sind sie geblieben?

Das erste Jahr für Gerhard Schröder und seine Koalitionsmehrheit ist jedenfalls ein vertanes Jahr.

Steuerreform: Fehlanzeige

Rentenreform: mal hin und her, mal kreuz und quer

Gesundheitsreform: festgefahren

Ausstieg aus der Kernenergie: nicht Fisch und nicht Fleisch.

Neuordnung der Finanzen der Europäischen Union: stark angelaufen und schwach gesprungen; wir zahlen mittelfristig mehr.

Waffenlieferungen an die Türkei: ein Leopard II zur Anschauung, 999 weitere vielleicht? Was Genaues weiß man nicht.

Kein Blatt Papier passe zwischen Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder, behauptete Bodo Hombach. Inzwischen ist es ein ganzes Buch. Und Hombach, der die beiden als "dreamteam" anpries, baut auf dem Balkan Häuser. Und vom Häuserbau versteht der etwas.

Es ist viel Schwund in der SPD.

Mir ist noch keine Regierung zwischen die Finger gekommen (und ich kenne einige), die so schlecht vorbereitet war.

Inszenierung ersetzt nicht Realisierung, das ist die Quintessenz des ersten Schröder-Jahres.

Gerhard Schröder hat sich zu sehr mit der Dekoration im Schaufenster beschäftigt, und plötzlich fällt den Kunden auf, dass aus der Werkstatt nur Pfusch kommt. Noch drei Jahre hat Gerhard Schröder Zeit zu begreifen, dass Politik eine dem Handwerk vergleichbare Kunst ist und nicht allein mit dem Mundwerk betrieben werden kann.Der Autor war von 1982 bis 1998 Arbeits- und Sozialminister in der christlich-liberalen Bundesregierung. Er hat ein Reise- und auch ein Kinderbuch veröffentlicht.

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