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Politik: Nitzsche tritt aus – und nach

Der sächsische Bundestagsabgeordnete verlässt die CDU – und die NPD wirbt um ihn

Von Frank Jansen

Berlin/Dresden - Nach der heftigen Kritik an seinen rechtsextremen Sprüchen hat der sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche die CDU verlassen. Damit ist er automatisch auch nicht mehr Mitglied der Unionsfraktion. Nitzsche schickte am Freitag dem CDU-Landesverband Sachsen einen Brief, in dem er in nur einem Satz seinen Austritt verkündet. Gesprächiger zeigte er sich am Freitag in einem Interview der Sächsischen Zeitung. „Wenn du merkst, du reitest ein totes Pferd, dann steige ab“, sagte Nitzsche. Außerdem warf er Georg Milbradt, Ministerpräsident von Sachsen und CDULandeschef, „Instinktlosigkeit“ vor. Den Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer, beschuldigte er der „Doppelmoral“. Für den Tagesspiegel war Nitzsche, wie seit Beginn der neuen Affäre, weder direkt noch über seine sechs Büros zu erreichen. Nur eine Mitarbeiterin nahm den Hörer ab – und legte rasch auf.

In der sächsischen CDU wird nun befürchtet, dass Nitzsche der NPD beitritt. Die rechtsextreme Partei hatte ihm schon die Aufnahme angeboten. NPD-Sprecher sagten am Freitag, man werde sich um ihn bemühen. Kontakte „auf lokaler Ebene“ habe es früher schon gegeben. Sollte sich Nitzsche der NPD anschließen, wäre sie erstmals im Bundestag vertreten. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP dementierte sein Bundestagsbüro Spekulationen über einen möglichen Eintritt des Politikers in die NPD.

Nitzsche trat 1993 in die CDU ein und sitzt seit 2002 für den Wahlkreis Kamenz-Hoyerswerda-Großenhain im Bundestag. Sein Mandat will er behalten. Vergangene Woche trat Nitzsche vom Vorsitz des CDU-Kreisverbands Kamenz- Hoyerswerda zurück, nachdem er im Vorstand hart kritisiert worden war. In den Jahren zuvor hatte die Sachsen-CDU Nitzsches Eskapaden hingenommen. 2003 diskriminierte er Muslime, 2005 zog er mit der NPD-Parole „Arbeit, Familie, Vaterland“ in den Bundestagswahlkampf.

Nach seinen Parolen vom Juni hatte Nitzsche von der CDU scharfe Rügen einstecken müssen. Bei einer Parteiveranstaltung in Lieske (Ostsachsen) hatte er getönt, der Patriotismus sei nötig, „um endlich vom Schuldkult runterzukommen“ – und damit Deutschland „nie wieder von Multikultischwuchteln in Berlin regiert wird“. Die Öffentlichkeit erfuhr erst Ende November davon, als in Ostsachsen ein CDU-Funktionär aus Enttäuschung über mangelnde Reaktionen in der Partei sein Amt aufgab und sich an die Presse wandte. Nitzsche behauptete nun in dem Interview, der sächsische CDU-Generalsekretär Kretschmer habe im Juli zu den Sprüchen gesagt, das ginge gerade noch so. Jetzt aber beschimpfe ihn Kretschmer als „rechtsradikale Belastung“. Kretschmer wies gegenüber dem Tagesspiegel den Vorwurf zurück. Er habe im Juli Nitzsche deutlich gemacht, seine Parolen seien mit der Politik der CDU nicht zu vereinbaren. Kretschmer deutete an, dass die Partei Nitzsche nicht nachtrauert. Zumal sich der Abgeordnete in dem Interview vom Freitag zum Skandalwort „Multikultischwuchteln“ bekannte.

Die Spitze der Unionsfraktion wollte sich am Freitag nicht zu Nitzsches Austritt äußern. Die Zahl der Abgeordneten von CDU und CSU verringert sich nun auf 225. Im Jahr 2003 war die CDU mit einem ähnlichen Fall konfrontiert. Damals schloss sie den hessischen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus.

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