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Politik: Nordirland: Gibt die IRA ihre Waffen ab?

Die IRA hat am Donnerstag überraschend ihre Kontakte zur internationalen Entwaffnungskommission wieder aufgenommen. Dies meldete die nordirische BBC.

Die IRA hat am Donnerstag überraschend ihre Kontakte zur internationalen Entwaffnungskommission wieder aufgenommen. Dies meldete die nordirische BBC. Ziel der neuen Gespräche sei es, die Arsenale der IRA bis zum Juni dieses Jahres unschädlich zu machen. Damit ist unverhofft wieder Bewegung in den nordirischen Friedensprozess gekommen. Unmittelbar nach dem Signal der IRA trafen der britische Premierminister Tony Blair und sein irischer Amtskollege Bertie Ahern in Schloss Hillsborough bei Belfast ein, um die nordirischen Parteien zu neuen Kompromissen zu ermuntern. Ahern hatte dafür eigens seine geplante Japan-Reise verschoben, Blair wird sich wohl ab jetzt vor allem der Seuchenbekämpfung und dem Wahlkampf widmen wollen.

Die Autobombe abtrünniger IRA-Kommandos auf das Londoner Hauptquartier der BBC am vergangenen Wochenende hat den politischen Handlungsbedarf erhöht. Protestantische Untergrundverbände hatten in der Nacht zu Donnerstag versucht, Rache zu nehmen, indem sie ein, wie sich herausstellte, harmloses Paket unter dem Sendemast des irischen Staatssenders RTE in Dublin deponierten.

Die gegenwärtige Lage in Nordirland ist alles andere als stabil. Wenn sich die Parteien nicht einigen können, droht eine weitere Suspendierung der nordirischen Regierung. Die Verhandlungsthemen sind allen Beteiligten sattsam bekannt: Neben der Entwaffnung der IRA geht es um einen Abbau der britischen Militärpräsenz entlang der nordirischen Grenze und um die Polizeireform. Die IRA und ihre politischen Weggefährten in der Sinn-Fein-Partei behaupten, die britische Regierung habe sich nicht an ihre Zusagen gehalten, die sie im letzten Mai gegeben hatte. Deshalb habe die IRA auch keine Schritte bei der Entwaffnung unternommen, außer der zweimaligen Inspektion einiger Waffenlager durch Vertrauensleute.

Angesichts dieser Tatenlosigkeit wiederum verhängte Nordirlands protestantischer Chefminister David Trimble eine einseitige Sperre für die Sinn-Fein-Minister seines Kabinetts; sie durften nicht mehr an Ministertreffen mit ihren Kollegen aus der Republik Irland teilnehmen. Trimble muss am 24. März einmal mehr seiner eigenen, gespaltenen Partei Rechenschaft über seinen Umgang mit Sinn Fein ablegen. Er reagierte am Donnerstag in einer ersten Reaktion verächtlich auf die neueste IRA-Erklärung. In den Tagen zuvor hatte sich Pessimismus verbreitet. In der Öffentlichkeit mehrten sich Befürchtungen, der Friedensprozess könnte vor der britischen Unterhauswahl ungelöst vertagt werden. Jetzt stellt sich die Frage etwas anders: Begnügen sich die Beteiligten mit einer Minimallösung, die Waffen, Truppen und Ministertreffen umfasst, oder wagen sie es, auch die Polizeireform endlich anzugehen?

Gerade diese jedoch scheint notwendiger denn je: Die Ohnmacht der "alten" Polizei bei der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche im so genannten Banditenland von Süd-Armagh, wo die IRA und ihre Absplitterungen viel Einfluss haben, unterstreicht nur allzu deutlich, wie wichtig eine einvernehmlich unterstützte Polizeitruppe für Nordirland wäre.

Martin Alioth

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