zum Hauptinhalt

Politik: Nordrhein-westfälische SPD will grüne Umweltministerin loswerden - und droht mit Koalitionswechsel

Bärbel Höhn wirkte ungewohnt defensiv. "Wenn es denn so ist", begann sie ihre Antwort, "dass Herr Clement die FDP will, dann soll er es sagen.

Bärbel Höhn wirkte ungewohnt defensiv. "Wenn es denn so ist", begann sie ihre Antwort, "dass Herr Clement die FDP will, dann soll er es sagen." Und dann wagte sie einen kleinen Ausblick auf die Verhandlungen zwischen Roten und Grünen am Wochenende und fügte noch hinzu: "Ich bin gespannt, ob die Gespräche denn wirklich ernst gemeint sind." Natürlich war Bärbel Höhn nicht entgangen, dass Wolfgang Clement ein 16-seitiges Papier hat erarbeiten lassen, in dem er etliche Konfliktpunkte mit den Grünen auflistet und aus dem hervorgeht, dass vor allem Bärbel Höhns Wirken nicht nur von Jürgen Möllemann als Blockadepolitik angesehen wird. "Wir dürfen Genehmigungsverfahren nicht weiter politisieren", hatte Clement in der Mitte der Woche als Parole ausgegeben, nach der Lektüre der 16 Seiten weiß Frau Höhn, dass vor allem sie gemeint ist.

Im ersten Moment hatte die grüne Umweltministerin noch darauf gehofft, dass Clement mit dieser Ansicht möglicherweise innerhalb der SPD alleine steht. "Es gibt Teile der SPD, die da mit Sperrfeuer arbeiten", hatte sie zunächst argumentiert und darauf gesetzt, dass sich die Freunde von Rot-Grün durchsetzen und sie schützen würden, zumal in der Öffentlichkeit über Dissonanzen im Genossenlager berichtet wurde.

Spätestens am Freitagabend spürte sie, dass diese Hoffnung trog. "Arbeit und Umwelt sind klassische sozialdemokratische Themen", wurde Franz Müntefering zitiert, der als Parteichef und Generalsekretär bisher frei vom Verdacht war, es sich allzu schnell mit den Grünen zu verderben. Ganz im Gegenteil, Müntefering hatte sich sogar mit Wolfgang Clement öffentlich darüber gestritten, ob man nur mit den Grünen oder eventuell auch mit der FDP reden soll - wie Clement dies wünscht. Er will auch mit der gelben Karte spielen. Müntefering dagegen hat den Grünen signalisiert, dass sie auf das Umweltressort verzichten müßten - und Bärbel Höhn spürte, dass sie zum Haupthindernis für den Erfolg der Gespräche wird, wenn sie auf dem angestammten Ministerium beharren sollte.

Die Grünen berieten den ganzen Freitag über die Lage. Es gab nicht wenige unter ihnen, die befanden, dass man sich wieder einmal ohne Not in eine schwierige Verhandlungsposition gebracht hatte. "Durch die öffentlichen Festlegungen und Worte wie Folterliste oder Demütigen haben wir selbst den Eindruck erweckt, die SPD treibt die Preise hoch", sagte einer aus der Verhandlungskommission. Dieser Teil der Grünen bemängelte auch, dass man ständig darüber rede, man müsse ein eigenständiges Profil entwicklen. "Wer darüber redet, gibt zu, keines zu haben", stellte man da fest. Stattdessen will man den Sozialdemokraten jetzt eigene Programmpunkte auf den Verhandlungstisch legen. "Die Bildung und die Verkehrspolitik spielen da eine wichtige Rolle", sagte Sylvia Löhrmann, die neue Fraktionschefin. In verschiedenen Initiativen wollen die Grünen eigene Programme für neue Arbeitsplätze vorlegen. Im Umweltbereich und bei mittleren und kleinen Unternehmen sollen bis zu 500 000 neue Jobs in den nächsten fünf Jahren geschaffen werden.

Wolfgang Clement freut sich über diese Ansätze, eine große Sorge bleibt allerdings. "Die rot-grüne Koalition hat zur Zeit für die Wahl des Ministerpräsidenten nur eine Mehrheit von zwei Stimmen." Die Landesverfassung schreibt die absolute Mehrheit vor, und eine SPD-Abgeordnete liegt für längere Zeit im Krankenhaus. Sie wird im Juni gewiß nicht mit abstimmen können. Da wird es knapp, zumal sich Clement nicht auf alle Sozialdemokraten wird verlassen können. Vielleicht ist es Clement zu knapp.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false