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Politik: Österreich für gemeinsame Abschiebeflüge

Minister wollen Regeln zu Asyl vereinheitlichen

Sollte die Vision der österreichischen Innenministerin Liese Prokop Wirklichkeit werden, könnte es in Europa bald zu Flugbewegungen der besonderen Art kommen. Flugzeuge mit abgewiesenen Flüchtlingen aus Frankreich fliegen dann erst mal nach Deutschland. Sind die dort abgewiesenen Flüchtlinge zugestiegen, gibt es weitere Zwischenstopps in Österreich, Italien und Griechenland. Erst danach werden die Herkunftsländer der Abgewiesenen angeflogen.

Durch die Rückführung von Flüchtlingen in gemeinsamen Chartermaschinen würden nach Prokops Ansicht nicht nur Kosten gespart. Auch die Abschiebepraxis würde harmonisiert, argumentierte die Ministerin am Freitag bei einem informellen Treffen mit den EU-Justiz- und Innenministern in Wien. Schließlich wären dann europäische Beamte für die Betreuung der Flüchtlinge zuständig, nicht mehr die Einzelstaaten. Die Unterschiede bei der Betreuung und Behandlung von Abschiebehäftlingen hatte Amnesty International schon mehrmals kritisiert. Auch deshalb sollte eine europaweite „schnelle Eingreiftruppe“ für Probleme im Asylbereich geschaffen werden, meint die Österreicherin.

Bereits bei der regulären Ministertagung im Februar werde es Fortschritte bei den Vorbereitungen gemeinsamer Charterflüge geben, kündigte Prokop an. Am Freitag einigten sich die EU-Minister zunächst darauf, in der Asylpolitik besser zusammenzuarbeiten. Vor allem der Austausch von Informationen soll verbessert werden. Eine neue Behörde mache dies nicht zwingend erforderlich, sagte die österreichische Ministerin.

Mit einem anderen Anliegen ging der italienische EU-Kommissar Franco Frattini in Wien an die Öffentlichkeit. Er will, dass sich die europäischen Staaten auf eine gemeinsame Liste so genannter sicherer Drittstaaten einigen. Frattini kündigte die Erstellung einer solchen Liste an, die er dann beim Innenministerrat im Februar zur Diskussion stellen möchte.

Eine derartige Harmonisierung scheint tatsächlich nötig zu sein, denn die Definition dessen, was als sicherer Drittstaat gilt, klafft europaweit noch weit auseinander. Diskutiert wird eine solche Liste zwar seit mehreren Jahren, die österreichische Präsidentschaft möchte nun aber Nägel mit Köpfen machen. Innenministerin Prokop sagte, dass „die Diskussion schon viel zu lange dauert. Nun muss endlich etwas passieren.“

Nach wie vor offen ist innerhalb der EU aber die Frage, ob man nicht auch die Standards für die Gewährung von Asyl vereinheitlichen sollte. Nach wie vor entscheiden die Mitgliedsländer autonom, wer in ihrem Land Asyl bekommt und wer nicht. Die Unterschiede dabei sind gravierend: So wird tschetschenischen Flüchtlingen etwa in Österreich laut Statistik zu 95 Prozent Asyl gewährt. Im Nachbarland Slowakei hingegen werden gerade einmal zwölf Prozent der aufgegriffenen Tschetschenen nicht nach Russland zurückgeschickt.

Markus Huber[Wien]

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