zum Hauptinhalt

Filbinger-Rede: Oettingers Kritiker wollen mehr

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger hat nach seiner umstrittenen Filbinger-Rede in einem Offenen Brief zwar sein Bedauern ausgedrückt. Doch seinen Kritikern ist die Erklärung längst nicht genug.

Stuttgart/Berlin - In einem am Samstag in Stuttgart veröffentlichten Schreiben an seine Kritiker drückte Oettinger zwar sein Bedauern über "Missverständnisse" aus. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wies er jedoch zurück. Während sich die CDU zufrieden zeigte, erneuerten SPD und Grünen ihre Kritik und bezeichneten die Erklärung als "unzureichend".

Oettinger hatte am Mittwoch in seiner Trauerrede für den verstorbenen früheren Ministerpräsidenten Hans Filbinger (CDU) gesagt, dieser sei ein Gegner des NS-Regimes gewesen. Filbinger hatte als Marinerichter im Zweiten Weltkrieg an mehreren Todesurteilen mitgewirkt. In dem offenen Brief wies Oettinger nun Anschuldigungen zurück, er habe "die schreckliche Nazidiktatur in irgendeiner Weise relativieren wollen". "Dies entspricht nicht meiner inneren Haltung und auch nicht der Intention meiner Rede", unterstrich er. Ein solcher Eindruck sei von ihm "in keiner Weise gewollt gewesen".

Die Rede sei aber in erster Linie an die Familie des Verstorbenen und an die Trauergemeinde gerichtet gewesen, rechtfertigte sich der baden-württembergische Regierungschef. "Es gehört in unserem Kulturkreis zu den üblichen und angemessen Gepflogenheiten einer Traueransprache, Verdienste und das Lebenswerk des Verstorbenen positiv zu würdigen und ihm die schwierigen Phasen seines Lebens - ohne sie zu verschweigen - nicht nachzutragen", fügte er hinzu.

Zugleich betonte der CDU-Politiker, dass es für seine Regierung, die Landes-CDU und ihn eine Selbstverständlichkeit sei, "dass wir uns zu unserer historischen Verantwortung bekennen". Er reagierte damit erstmals ausführlicher auf die Welle der Empörung, die seine Traueransprache ausgelöst hatte.

SPD fordert Respekt vor Nazi-Opfern

Für die SPD ist es damit jedoch nicht getan. Der Respekt vor den Opfern der Nazis verlange, dass Oettinger seine Äußerung zurücknehme, forderte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Die baden-württembergische SPD-Chefin Ute Vogt sagte, Oettinger habe die Sache "nur schlimmer" gemacht. Er sei "den Anforderungen seines Amtes offenkundig nicht gewachsen". Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn betonte, ein offener Brief reiche nicht aus, um die "Geschichtsklitterung auszuräumen".

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla begrüßte dagegen den Brief. Es sei "gut und richtig", dass Oettinger diese Erklärung abgegeben habe. Oettingers Koalitionspartner FDP reagierte derweil mit gemischten Gefühlen auf die Erklärung. Es sei wichtig, dass Oettinger das Verhältnis der CDU zum Nationalsozialismus klar gestellt habe, sagte FDP-Landeschefin Birgit Homburger. Sie bedauerte jedoch, dass es "offenbar angesichts der Zerstrittenheit der CDU nicht möglich ist, eine deutlichere Klarstellung zur Rolle Filbingers in der NS-Zeit abzugeben".

Oettinger war vor der Veröffentlichung seines Schreibens erneut heftig kritisiert worden. Unter anderen hatten ihn der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, sowie Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) aufgefordert, sich zu entschuldigen. Auch waren weitere Rücktrittsforderungen laut geworden. (Von Tanja Wolter, ddp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false