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Politik: Ohne Kopftuch für das Recht auf ein Kopftuch

Thailändische Abgeordnete fürchtet Radikalisierung der Muslime

Von Frank Jansen

Sie ist zierlich und spricht mit sanfter Stimme. Aber der erste Eindruck täuscht: Pornpich Patanakullert vertritt ihre Ansichten enorm zäh. Möglicherweise ist dies das Erfolgsrezept der 49-jährigen Politikerin der Democrat Party. Patanakullert ist in Thailand eine Ausnahmeerscheinung: Sie war die erste Muslimin im Parlament, heute ist sie eine von zwei weiblichen Abgeordneten islamischen Glaubens. In schweren Zeiten: Über Patanakullerts Heimat, den von einer Muslim-Mehrheit bewohnten Süden des Königreichs, rollt eine Welle der Gewalt. „Letzte Nacht hat eine Moschee gebrannt“, sagt Patanakullert am Montag in Berlin. Die Nachrichten aus der Heimat trüben die Europareise, die sie mit Parlamentskollegen unternimmt. Patanakullert fürchtet, das friedliche Zusammenleben von Muslimen und Buddhisten werde zerstört.

Am 4. Januar erreichte die Anschlagsserie einen Höhepunkt, der international wahrgenommen wurde. Eine Gruppe von Attentätern überfiel in Patanakullerts Heimatprovinz Narathiwat ein Militärcamp und raubte 300 Gewehre. Gleichzeitig brannten in Narathiwat und den benachbarten Provinzen Yala und Pattani 18 Schulen. Die thailändische Regierung verhängte über weite Teile der Region das Kriegsrecht– wies aber den Verdacht, islamistische Terroristen seien für die Anschläge verantwortlich, zurück. Auch Patanakullert schüttelt den Kopf.

Die Abgeordnete vermutet einen Konflikt im Milieu von Drogen- und Waffenhändlern sowie korrupten Offizieren der Sicherheitskräfte. Separatisten könnten kaum verantwortlich sein, denn sie hätten keinen Rückhalt in der Bevölkerung, sagt Patanakullert.

Mehr Aufschluss über die Urheber der Anschlagsserie liefern ihre Äußerungen über die zunehmende Islamisierung im Süden. Immer mehr Frauen trügen ein Kopftuch, sagt Patanakullert. Sie selbst tritt in Berlin mit offenem Haar auf – kämpft aber dafür, dass an der Universität in Yala das Kopftuchverbot fällt. Und die Abgeordnete klagt, ein Teil der Sicherheitskräfte setze sich brutal über muslimische Sitten hinweg. Patanakullerts Ton bleibt sanft – und doch skizziert sie Spannungen, die offenkundig eskalieren.

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