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Politik: …Ohrfeigen knallen

Es gibt so wunderschöne Worte in der deutschen Sprache: Rabenaas, nichtsnutziger Schelm, vermaledeiter Schalk, Tunirgendsgut, Binnichthier, Lutschliesen, Schmollmäuler, Traumtaschen. Leider sind sie vergessen.

Es gibt so wunderschöne Worte in der deutschen Sprache: Rabenaas, nichtsnutziger Schelm, vermaledeiter Schalk, Tunirgendsgut, Binnichthier, Lutschliesen, Schmollmäuler, Traumtaschen. Leider sind sie vergessen. Lutschliesen wurden in alten Zeiten jene Mädchen genannt, die sich eine Maulschelle verdient hatten. Wohingegen der züchtenswerte Bube schon mal Tunirgendsgut gescholten wurde. Maulschellen sagt heute auch keiner mehr. Heute heißt ein gemaulschellter Mensch zum Beispiel Kanzler.

Kommen wir zur Ohrfeige. Die Ohrfeige ist die Maulschelle des 20. und 21. Jahrhunderts. Sie hat allerdings auch eine lange Tradition und eine lateinische Entsprechung. Im Lateinischen heißt sie alapa und ist ein von der Seite ausgeführter Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht. „Feige“ leitet sich übrigens von „fegen“ ab. Kein Mensch würde sagen: „Ich feige dir gleich eine.“ Wohl aber: „Ich fege dir jetzt eine.“

Berühmte Ohrfeiger sind Jens Ammermoser, der im Vorjahr den Kanzler Schröder fegte, Beate Klarsfeld, die 1968 auch einem Kanzler eine knallte, KurtGeorg Kiesinger. Zwei Jahre zuvor schlug der Fußballtreter Troche aus Uruguay zu und traf unseren Uwe Seeler. Quantitativ ist Kanzlerschlagen im Vorteil. Zur Qualität muss man sagen, dass es ungehörige Ohrfeigen gibt (Seeler) und weniger ungehörige.

In diesen Tagen hat sich eine Kanzlergattin zu Wort gemeldet und davon berichtet, dass ihr Gatte schon Ohrfeigen bekommen hat, als der noch nicht einmal wusste, dass er mal Kanzler werden würde. Es gibt offensichtlich auch vorauseilende Ohrfeigen. Loki Schmidt erzählte davon und meinte „Eine Backs hilft oft mehr als hundert Worte.“ Backs ist die Abkürzung für Backpfeife, was aber das gleiche ist wie eine Ohrfeige und für den Getroffenen ebenfalls nicht schön.

Lange Zeit war körperliche Züchtigung als Erziehungsmethode verpönt. 1926 noch nicht. Da malte Max Ernst ein Bild, auf dem die Jungfrau Maria dem Jesuskind den Hintern versohlt. Es ist allerdings nicht ersichtlich, ob das Jesuskind erst die linke und dann die rechte Backe hingehalten hat, wie es die Bibel empfiehlt. Ohnehin ist die Haltung der meisten Ohrfeiger wenig christlich. Der von Hannover abstammende Ernst August zum Beispiel. Aber den darf man weder P.–Prinz nennen noch P.– Prinz, obwohl er beides gerne tut. Für ein P ist Ernst-August verurteilt worden. Ohrfeigen führen eben zu nichts. uem

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